Das Rechtssystem hat ein neues Gesetz aufgestellt: Das Gesetz zur vorzeitigen Haftentlassung. Dieses besagt, dass eine Person bei vorzeitiger Freilassung aus dem Gefängnis von ihren Mitmenschen verfolgt werden kann. Dazu trägt der Entlassene eine Fußfessel und jeden Tag um 19 Uhr werden die GPS und Gesundheitsdaten in einer App hochgeladen. Man darf dieser Person straffrei etwas antun, um sie für ihre Taten büßen zu lassen, darf ihr aber auch Hilfe leisten.

Diego Abrio kommt nach 3 Jahren frei, denn in der App „Guilty“ wurde über seine vorzeitige Haftentlassung abgestimmt. Die Jäger sind scharf darauf, ihn zu finden und ihn für seine Tat mit dem Tode zu bestrafen. Wird es ihm gelingen, seine Verfolger zu täuschen? Kann er auf Hilfe von alten Freunden hoffen? In seinem Kopf dreht sich alles immer wieder um die Nacht des Unfalls und er würde gerne alles ungeschehen machen, doch die Fußfessel zwingt ihn dazu, sich einen Plan zu überlegen.

Jean-Christophe Tixier hat mit diesem Jugend-Thriller ein wirklich tolles Werk geschaffen. Er nimmt seine Leser:innen mit in eine Zukunft, die gar nicht so weit entfernt scheint. Wenn sich das Rechtssystem, Hatespeech und der Drang nach Likes mit der Anonymität des Internets und der Grausamkeit der Menschen mischen, lauert die Gefahr.
Immer wieder stellt man sich beim Lesen die Frage, ob es gut ist, die Einwohner über Täter richten zu lassen, oder ob es nicht doch besser ist, die Strafe im Gefängnis abzusitzen. Denn ist es nicht paradox, dass man beispielsweise einen Mörder anhand seiner GPS-Daten sucht und diesen tötet, um sich zu rächen? Wird man dann nicht selbst zu der Art Mensch, den man hasst?

Ich habe das Buch an einem Tag gelesen, weil ich die Geschichte unglaublich spannend fand. Von Anfang bis Ende fiebert man mit Diego mit und kann sich auch sehr gut in seine Lage hinein versetzen, denn auch wenn er es hätte vermeiden können, war seine Tat ein Unfall, mit dem er sich tagtäglich quält. Ich kann das Buch nur weiterempfehlen!

*Erschienen bei cbt*