Im Jahre 2016. Die Sonne hat die ganze Erde mit ihrer entfesselten Strahlkraft in verdörrtes, lebloses Ödland verwandelt. Nur wer sich gegen das blendende Licht der Sonne schützt, hat eine Chance zu überleben. Wie Marie (Hannah Herzsprung), die mit ihrer kleinen Schwester Leonie (Lisa Vicari) und Phillip (Lars Eidinger) Richtung Gebirge fährt, denn dort soll es Wasser geben. Es ist eine verzweifelte Irrfahrt ins Nirgendwo. Als dann noch der mysteriöse Tom (Stipe Erceg) zur Gruppe hinzu stößt, scheint das Unheil nahe. Der Überlebenskampf beginnt, als sie in einen Hinterhalt gelockt werden…
Der Film „Hell – Die Sonne wird euch verbrennen“ von Tim Fehlbaum, der am 22. September in die deutschen Kinos kommt, ist ein Thriller, der sich ein turbulentes Spiel mit der Psyche erlaubt und dabei eine packende Atmosphäre erzeugt. Das Szenario, das der Nachwuchsregisseur kreiert, ist nahezu unvorstellbar und doch zugleich präsenter und realistischer, als man es sich vielleicht wünscht. Durch beeindruckende und intensive Bilder wird der Zuschauer von diesem Film völlig in den Bann gezogen und fühlt sich als Teil des Geschehens.
Die Hauptrolle als Marie verkörpert Hannah Herzsprung nahezu genial. Sie wird als recht zarte und doch zugleich unglaublich starke Person dargestellt, die sich mit allen Mitteln für ihre kleine Schwester Leonie einsetzt. Sie beschützt sie, sie opfert sich selbst und gerät dabei in immer tiefere Abgründe, an die sie nie auch nur zu denken gewagt hätte. Ihre so überzeugende schauspielerische Leistung lässt den Zuschauer des Öfteren erstarren und entsetzen, da Herzsprung die Rolle nicht nur gut verkörpert – sie lebt sie.
Nicht minder talentiert und wohl noch eine große Karriere vor sich habend ist Lisa Vicari (Hanni & Nanni). Die Rolle als Leonie ist alles andere als kindlich und dies meistert Vicari mit Bravour. Von der niedlichen kleinen Schwester entwickelt sich Leoni zu einer starken und sehr mutigen Person, die niemals aufgibt. Sie wirkt kein bisschen naiv, misstraut Tom wahrscheinlich mehr als ihre große Schwester es tut – und Phillip hat sie schon längst durchschaut.
Aber Phillip erweist sich nicht nur als feiger und egoistischer „Freund“, sondern auch als gewissenhafter Mensch, der doch hilft, wo er kann. Für Marie würde er alles tun, aber eben das ein oder andere Mal auch ihre kleine Schwester zurücklassen, was zu starken Konflikten führt. Lars Eidinger, den man vielleicht aus dem Film „Alle Anderen“ kennt, überzeugt ebenso in der Rolle als Phillip; der Zuschauer verbindet Emotionen mit der Person, die von Mitgefühl und Entsetzen bis hin zu Antipathie und Wut reichen.
Die Anspannung erreicht den Höhepunkt, als Tom auftritt, der durch kuriose Umstände und Geschehnisse die Drei begleitet. Er tritt als nahezu unheilvolle Person auf, der man anfangs stark misstraut. Es bleibt lange unklar, ob er etwas im Schilde führt oder nicht. Durch die ausgeprägte Mimik von Erceg wird der Zuschauer alles andere als schlau aus ihm, stattdessen nur noch mehr in die Irre geführt. Der Ausdruck in den Augen, der leicht gesenkte Kopf oder ein urplötzliches und unerwartetes Auftauchen; all das sind Dinge, die den Zuschauer nur noch misstrauischer ihm gegenüber machen.
Scheinbar zum Durchatmen kommt der Zuschauer erstmals, als Marie von der Bäuerin Elisabeth versorgt und zu ihrem Hof gebracht wird. Angela Winkler als Elisabeth tritt zunächst als barmherziger Ritter und fürsorgliche Mutterfigur auf. Gänsehaut pur ist angesagt, wenn Elisabeth ihre wahre Absicht präsentiert, die alles andere als einfühlsam ist. Unglaublich, wie Winkler sich in dieser Rolle bewegt. Ein Angst einflößendes und absolut geniales Schauspiel ihrerseits.
Die anschließenden Geschehnisse kommen zunächst völlig unerwartet und haben mich als Zuschauer zusammenzucken lassen. Aber genau so muss ein guter Film sein, unbeliebt sind bei mir solche, bei denen ich alles vorausahnen kann.
Dies ist aber nur der Anfang von einem noch größeren Staunen, aus dem ich so schnell nicht wieder herauskommen sollte. Hass, Trauer, Wut und vor allem Entsetzen waren die Emotionen, die ab da die Überhand nahmen, aber auch, weil ich mir nicht hätte vorstellen können, dass der Film doch noch so brutal werden sollte. Brutalität darf hier aber nicht bloß mit Blut assoziiert werden; vielmehr wird hier die Psyche strapaziert, sodass man sich nicht als Zuschauer, sondern selbst wie einer der Protagonisten fühlt, bei dem jegliche Hoffnung zu schwinden droht. Aufgrund der teilweise harten und manchmal brutalen Darstellung von einigen Szenen würde ich ein Mindestalter von 16 Jahren für diesen Film empfehlen.
Was noch zu sagen bleibt, ist, dass von ’Nachwuchsregisseur’ zumindest keine Spur zu sein scheint - dieser Film hätte in meinen Augen eigentlich nicht besser umgesetzt werden können. Die doch so ferne Utopie, dass die Sonne erstens alle Lebewesen zerstört, die mit ihr zu lange in Kontakt kommen und zweitens dann gleich die ganze Welt unbesiedelbar macht, ist in ihrer Grundidee schon nachvollziehbar, natürlich nur in einer stark abgeschwächten Form. Dass es 2016 in Europa oder gar Deutschland nicht so aussehen wird, wie es im Film dargestellt ist, ist wohl offensichtlich, ansonsten stünden wir kurz vor der Apokalypse.
Mein Fazit: Ein Filmgenuss auf ganzer Linie, der Spannung von der ersten bis zur letzten Sekunde garantiert und nichts für schwache Nerven ist!
Autorin / Autor: Carina - Stand: 04. August 2011