Der Jugendroman "Hesmats Flucht“ thematisiert die Flucht des elfjährigen Hesmat, der alleine aus seinem Heimatland Afghanistan flüchtet. Die Erzählung beruht auf einer wahren Geschichte.
Bis die Taliban die Macht übernehmen, hat Hesmat eine ganz normale Kindheit. Er lebt mit seiner Familie in einem Haus und geht zur Schule. Sein Vater arbeitet für die Russen, weshalb es für Hesmats Familie im Laufe der Kriegsereignisse immer prekärer wird.
Seine Mutter wird schwer krank und stirbt schließlich. Hesmat verbringt fortan viel Zeit bei seinem Großvater, während sein Vater unterwegs ist. Von ihm und dem Rest der Familie wird Hesmat jedoch nicht als zugehörig empfunden, laut seinem Großvater ist er nicht gläubig genug erzogen.
Schließlich wird Hesmats Vater ermordet, da er angeblich einen Schatz versteckt hat.
Hesmat ist zu dieser Zeit im Keller ihres Hauses versteckt, da sein Vater ihn schon zuvor vor der Gefahr schützen wollte. So erfährt Hesmat erst nach ein paar Tagen, was mit seinem Vater geschah und dass seine Familie nicht eingeschritten ist, als sie ihn in seinem eigenen Haus zu Tode prügelten.
Hesmat beschließt schließlich, zu fliehen, um in Freiheit leben zu können und nichts mehr mit seiner Familie zu tun haben zu müssen. Viele Tage ist er zu Fuß unterwegs, hungert, durstet, hat Schmerzen und fühlt sich stetig unsicher. Er ist im Gebirge und in Wäldern unterwegs, da eine direkte Grenzüberquerung zu viele Risiken birgt.
Die Flucht zeichnet ihn von Tag zu Tag mehr. Er wird immer dünner, trägt Verletzungen davon und hat immer weniger Kraft. Zudem bleibt die stetige Angst, erwischt zu werden.
Einen Teil der Strecke durchs Gebirge ist er mit Schleppern unterwegs, dann ist er wieder auf sich allein gestellt. Auch die Nächte draußen, ohne Nahrung, warme Kleidung und Schutz zehren an ihm, doch Hesmat schafft es mit seinem Willen immer ein Stück weiter.
Schließlich lernt er einen Jungen, Fahid, kennen, der nur ein paar Jahre älter ist als er und die beiden setzen ihre Flucht gemeinsam fort. Beiden geht es nicht gut, doch sie schaffen es bis über die Grenze und finden vorerst bei Fahids Onkel Unterschlupf, wo sie zugleich durch Erholung und die regelmäßigen Mahlzeiten neue Kräfte für ihre nächste Fluchtetappe tanken.
Fahids Onkel bietet den beiden an, dauerhaft bei ihm wohnen zu bleiben, doch Hesmat hält an seinem Ziel, nach London zu flüchten fest und hält sich auch den Spruch seiner Eltern "Vertraue niemandem“ vor Augen.
Nach einigen Wochen geht es für Fahid und Hesmat dann weiter, teils zu Fuß, teils mit dem Zug. Ein Schlepper hat ihnen die Zugfahrt organisiert, doch obwohl die beiden noch vor den Kontrollen in ein Versteck gebracht werden, schnappt die Polizei sie und bringt sie in ein Gefängnis.
Im Gefängnis hungern sie ebenso wie auf der ganzen Flucht, werden teils noch schwerer krank, verprügelt und menschenunwürdig behandelt. Zudem mangelt es ihnen trotz der Tatsache, dass sie beide noch Kinder sind, oft an Schutz vor den Mitgefangenen.
Durch Kontakte und Schmiergeld kommen sie schließlich wieder frei. Es geht zurück in den Zug, der sie nach Moskau bringen soll. Erneut werden sie versteckt, in viel zu kleinen, schmutzigen Verstecken, in denen es zudem viel zu wenig Luft zum Atmen und kein Wasser gibt, harren sie stundenlang aus. Immer wieder sind Kontrollen zu befürchten. Sie werden einige weitere Male inhaftiert, doch kommen schließlich immer wieder in den Zug zurück.
Fahid hat keine Kraft mehr, und als sie wieder einmal ins Versteck müssen, merkt Hesmat nach einer Weile, dass sein Freund verstorben ist. Sein Leichnam wird aus dem Fenster geworfen, nachdem ihm alles Wertvolle abgenommen wurde. So ist Hesmat wieder auf sich allein gestellt und hat einen weiteren, für ihn sehr wichtigen Menschen verloren.
Er kommt in Moskau an und wird dort von einem Bekannten empfangen, bei dem er für ein paar Wochen bleibt, um sich von seinen Verletzungen zu erholen und um auf die weitere Flucht zu warten. Er kriegt neue Papiere und schließt sich schließlich erneut Schleppern an. Es folgen Bus- und Lkw-Fahrten sowie tagelange Märsche ohne Verpflegung. Nach einer Weile findet er sich in einem Keller wieder, in dem er auf seinen Onkel trifft, der ebenfalls geflüchtet ist.
Nach erneutem Wochen langen Ausharren geht es dann weiter. Die Schlepper bringen die Gruppe an die vermeintliche österreichische Grenze, doch es stellt sich heraus, dass sie die Flüchtlinge getäuscht haben, denn sie sind nach wie vor in Ungarn.
Sie kommen in ein Flüchtlingslager, in welches sie nach einigen Fluchtversuchen immer wieder zurückgebracht werden. Schließlich schaffen sie es jedoch, mit einem maroden Floß über die Donau. Sein Onkel hat sich eines Tages aus der Unterkunft geschlichen und ist, wie Hesmat später erfährt, tatsächlich in London angekommen. Hesmat, dessen Flucht gut ein Jahr dauerte, bleibt jedoch und kommt in eine Jugendgruppe. Bis heute lebt er in Österreich, wurde ausgezeichnet und will sich seinen Traum vom Studium erfüllen. Zu seiner Familie, die in als Last empfand, hat er keinen Kontakt mehr.
*Ergreifend, lehrreich und authentisch*
Den Roman kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen. Er berichtet sehr lebendig von der Flucht aus Afghanistan und den Umständen, die dazu geführt haben. Dadurch, dass die einzelnen Fluchtetappen und entstehenden Problematiken sehr detailliert geschildert werden, erfährt man sehr viel über das Schicksal des erst 11-jährigen Hesmat.
Ich finde es unvorstellbar grausam, das seine Familie sich nach dem Tod seiner Eltern nicht um ihn kümmerte und bewundere den Mut des 11-jährigen Jungen, sich alleine auf eine Flucht zu begeben, die sehr viele Risiken birgt.
Es wird immer wieder deutlich, wie hart die Flucht für Hesmat war. Ein Jahr lang waren ständige Angst und Unsicherheit sowie Hunger und Durst, Erschöpfung und Verletzungen seine ständigen Begleiter. Viele Leute hatten ihn bereits für tot gehalten, doch Hesmat schaffte es.
Ich kann nur empfehlen, sich den Bericht über seine Flucht durchzulesen, da das Thema Flucht auch heutzutage sehr aktuell ist und man so nochmal einen genaueren Einblick kriegt, was die Flüchtlinge alles durchgemacht haben und wie sie ihr Leben riskieren, um dem Krieg und der Hoffnungslosigkeit zu entkommen.
Zu empfehlen ist das Buch für alle Altersklassen, es ist sehr ergreifend, lehrreich und authentisch geschrieben.
*Erschienen bei cbt*
Autorin / Autor: Anna - Stand: 4. August 2022