His Dark Materials 4: Ans andere Ende der Welt
Autor: Philip Pullman
übersetzt von Antoinette Gittinger
Lyra und Pantalaimon sind zurück. Sie sind älter geworden, seit wir sie das letzte Mal in „Das Bernsteinteleskop" getroffen haben und seit sie in dem dritten Teil der „His Dark Materials“ Reihe im Reich der Toten gelernt haben, sich zu trennen, gehen die junge Studentin und ihr Dæmon immer wieder getrennte Wege.
Lyra lebt und studiert in Oxford. Doch nicht alles, was sie lernt, gefällt ihrem Dæmon in Gestalt eines Baummaders. Pan kann insbesondere die zwei wichtigen philosophischen Werke, die Lyra aktuell studiert, nicht leiden. Die Welt, die dort beschrieben wird, eine Welt der rationalen Entscheidungen und ohne Dæmonen stößt ihn ab und er versteht nicht, wie Lyra, „sein“ Mensch, diese Bücher anziehend und interessant finden kann. Die beiden geraten immer wieder aneinander und Pan begibt sich allein auf nächtliche Streifzüge. Bei einem dieser Streifzüge beobachtet er einen grausamen Mord an einem Wissenschaftler. Trotz ihrer Zankereien berichtet Pantalaimon Lyra von dem Mord und nachdem die beiden daran scheitern, die Ursache des Verbrechens zu zweit zu ergründen, holen sie sich Hilfe von einigen Personen aus dem Collegekosmos um sie herum.
Damit rutschen Lyra und Pan mitten hinein in ihr nächstes Abenteuer und die ruhigen Jahre in Oxford scheinen wie weggeblasen. Schnell wird klar, dass das Magisterium seine Finger bei der ganzen Sache im Spiel hatte, und auch Staub, dieses wundersame Material, das Lyra schon auf ihren früheren Reisen beschäftigt hat, scheint mit dem Mord zusammenzuhängen. Das Verbrechen zieht viel weitere Kreise, als gedacht und Lyra ist im Jordan College nicht mehr sicher.
Doch auch der Rückzugsort, an den die beiden sich flüchten, die Taverne von Malcoms Eltern bietet Lyra und Pan keinen Ruheort. Dort geraten sie so heftig aneinander, dass Pan in einer Nacht- und Nebelaktion verschwindet. Ein Mensch ohne seinen Dæmon ist nicht nur einsam, sondern auch über die Maße auffällig, daher macht Lyra macht sich auf die Suche nach Pan.
Ich hatte viel Spaß daran, wieder in Lyras Welt abzutauchen. Es ist zwar schon etwas her, dass ich die Trilogie rund um den goldenen Kompass gelesen habe und leider kenne ich den vor kurzem erschienen Prequel nicht, indem es um Lyras ganz frühe Jahre geht, sodass mir ein paar kleine Informationen gefehlt haben. Aber die wichtigsten Ereignisse werden geschickt noch einmal in diesen Band eingeflochten, sodass man der Geschichte mühelos folgen kann.
Wunderbar finde ich, dass Lyra ein so starker und unabhängiger Charakter ist, aber gleichzeitig immer wieder auf die Hilfe von Freund_innen zurückgreifen kann.
Wie auch in den vorigen Teilen ist die Bindung zwischen Mensch und Dæmon entscheidend für die Handlung von „Ans andere Ende der Welt“. Pullman schafft es, dass einem diese Bindung absolut natürlich vorkommt und die Vorstellung, dass Pan und Lyra sich getrennt voneinander auf den Weg gen Osten machen, beinahe schmerzhaft ist. An der Trennung der beiden merkt man allerdings auch, wie erwachsen die Protagonisten geworden sind.
Die Themen, die sie beschäftigen und die Ziele, die sie verfolgen, haben sich gewandelt. Und auch mit anderen Ereignissen der Handlung greift Pullman Aktuelles aus "unserer" Welt auf. So begegnet Lyra auf ihrer Reise immer wieder Geflüchteten, es werden terroristische Motive thematisiert und auch Gewalt gegen Frauen findet einen Platz in der Geschichte. Obwohl das alles harter Tobak ist, eignet sich dieses Buch ganz wunderbar, um gemütlich auf der Couch oder im Garten zu schmökern und die Realität einfach mal Realität sein zu lassen. Die erdachte Welt ist gerade so weit von unser Realität entfernt, dass sie ablenkt und ist unserer Welt zeitgleich so nah, dass man teilweise vergisst, dass wir keine Dæmonen haben, die uns zur Seite stehen.
*Erschienen bei Carlsen*
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Autorin / Autor: karla94 - Stand: 15. April 2020