Hope

Autor: Peer Martin (Autor), Nils Andersen (Illustrator)
ab 16 Jahren

Kennt ihr diese Bücher, bei denen man immer nur ein Kapitel liest, sodass sie nicht so schnell vorbei sind? Bei „Hope“ habe ich ebenfalls selten mehr als ein Kapitel gelesen. Weil ich mehr als ein Kapitel pro Tag oft nicht ertragen habe.

Mathis kommt aus Kanada. Dort, in Quebec, hat er alles was er braucht: wohlhabende Eltern, Freunde, die ihn schätzen und eine vielversprechende Zukunft an der Uni. Doch das reicht ihm nicht. Trotz allem hat Mathis das Gefühl, etwas zu verpassen - das wahre Leben, Dinge, die wirklich zählen. Also entscheidet er sich, etwas Außergewöhnliches zu tun: Er will über die Fluchtroute afrikanischer Flüchtlinge berichten, die von Südafrika über Südamerika, durch Mexiko in die USA führt. Doch Mathis will dies nicht aus dem Komfort seines Elternhauses heraus tun, stattdessen will er selbst auf diesem Weg von Johannesburg bis in die Vereinigten Staaten reisen. Genau wie die Flüchtlinge. Er möchte die Gefahren und Tücken dieser Route in Bildern festhalten und sie der Welt zugänglich und verständlich machen. Verstehen, was die Flüchtlinge auf diesem Weg dazu bringt, ihr Leben zu riskieren, tage- oder wochenlang zu laufen, zu hungern, sich all diesen Widrigkeiten auszusetzen. Also macht Mathis sich in Johannesburg auf die Suche nach jemandem, der bereit ist, ihn auf seiner Reise nach Nordamerika mitzunehmen. Und er wird fündig: Ein kleiner Junge aus Somalia lädt Mathis ein, ihn zu begleiten. Doch schnell zeigt sich, dass diese Reise Mathis mehr abverlangen wird, als er dachte – und dass sie ihn an ein anders Ziel führt, als er geplant hatte.

Peer Martin ist es mal wieder gelungen, ein außergewöhnliches Buch zu schreiben. Schon sein Roman „Sommer unter schwarzen Flügeln“ hat mich begeistert, entsprechend hatte ich hohe Erwartungen an „Hope“. Diese Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Peer Martin hat ein Buch geschrieben, das den Leser begeistert und informiert, das ihm unter die Haut geht und schwer im Magen liegt. Dabei versteht es der Autor, Schönheit und Freude in Worte zu fassen, doch es gelingt ihm ebenfalls, das Leid und Elend, das Mathis auf seiner Reise kennen lernt, zum Leben zu erwecken: „Ich dachte daran, was die Männer vom Zeta-Kartell mit ihr gemacht hatten, und schämte mich, ein Mann zu sein.“ (S. 297)
Dabei nimmt Martin kein Blatt vor den Mund und überlässt auch die grausamen Dinge nicht der Fantasie des Lesers. Das empfohlene Alter von 16-17 Jahren kann ich deshalb nur unterstützen.

Peer Martin erzählt in diesem Buch nicht nur die Geschichte eines Flüchtlings, sondern auch die Geschichte unserer Welt, und wie wir sie zugrunde richten. Dabei schürt er im Leser nicht nur Panik, sondern auch Hoffnung: „Kinder… Wenn man anfangen würde, den Kindern alles zu erklären… Die Erwachsenen, die aus den Kindern werden würden, würden keine Billigbananen mehr kaufen, sie würden nicht mehr an Kriegen teilnehmen, sie würden die Autos und die Flugzeuge verrotten lassen.“ (S. 207)
Gleichzeitig liefern Fact Sheets nach jedem Kapitel das nötige Hintergrundwissen, um die fiktiven Geschehnisse der Geschichte in die Realität einzuordnen. Diese Informationen zeigen Zusammenhänge auf und helfen dem Leser dabei, sein eigenes Handeln zu überdenken. Damit ist ein mehr als empfehlenswertes Buch entstanden, das dem Leser die Augen öffnet und ihn fordert, das trotz allem aber nicht wirkt, als wollte es seine Leser belehren.

*Erschienen bei Dressler*

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Autorin / Autor: romy - Stand: 22. Juli 2019