Fereshteh, genannt Angel, steht eine der wichtigsten Wochen ihres Lebens bevor: Sie wird nach London reisen, um dort ihre Internet-Freundin Juliet zu treffen, mit der sie auf ein Konzert ihrer absoluten Lieblings-Band „The Ark“ gehen wird. Aber nicht nur das: Die beiden haben auch Tickets für ein „Meet and Greet“ mit den Jungs ergattert – Angel wagt es kaum sich auszumalen, wie es sein wird, die Jungs persönlich zu treffen. Obwohl sie eh schon das Gefühl hat, Jimmy, Rowan und Lister besser zu kennen als sich selbst. Denn Angel ist nicht einfach nur ein Fan – sie liebt, lebt und atmet „The Ark“, kennt jede Textzeile, jedes Interview mit den Dreien, ist aktiv in Fan-Communities und schwärmt einfach gerne für „ihre“ Rockstars. Und Juliet geht es genauso, wodurch die beiden Mädchen sich tief verbunden fühlen, obwohl sie sich in London zum ersten Mal persönlich treffen.
Nachdem die anfängliche Verlegenheit verflogen ist, verstehen sich die beiden blendend. Doch die folgenden Tage verlaufen nicht ganz wie geplant, und auch beim Konzert von „The Ark“ kommt es zu einem Zwischenfall, der den Abend in eine ganz neue Richtung lenkt. Von da an ist für Angel nichts mehr wie vorher, es scheint, als wäre ihr Sonnensystem, in dem „The Ark“ im Zentrum steht, und sie und die anderen Fans wie Planeten um sie kreisen, aus dem Gleichgewicht geraten, als wären die Naturgesetze außer Kraft gesetzt worden. Angel weiß nicht, was sie von diesen Entwicklungen halten soll. Wenn die Jungs nicht so sind, wie sie immer dachte, woran kann sie dann noch glauben? Was macht sie dann noch glücklich?
Meine Meinung
Alice Oseman beschäftigt sich in „I was born for this“ mit Fankultur, wie wir sie alle täglich kennen lernen. Vielleicht nicht in diesem Ausmaß, aber wir alle wissen wie es ist, zu jemandem aufzuschauen, diese Person zu idealisieren und auf ein Podest zu stellen, auf dem sie unerreichbar ist. Daran ist zunächst nichts auszusetzen, doch je stärker dieses Podest auch den eigenen Selbstwert und das eigene Selbstbewusstsein trägt, desto gefährlicher ist es, wenn es ins Wanken gerät. Diese Entwicklung zeichnet Oseman mit sehr viel Feingefühl und ohne Klischees nach. Zusätzlich wird die Handlung auch aus einer zweiten Perspektive erzählt, und wir erfahren von Jimmy, einem der Mitglieder von „The Ark“, was es bedeutet, auf der anderen Seite zu stehen. Das Thema mentale Gesundheit wird vorsichtig, aber ohne zu beschönigen, in die Handlung eingebunden und gibt der Erzählung einen Tiefgang, den die meisten anderen Bücher über kreischende Teenies oder Rockstars vermissen lassen. Beide Stimmen gemeinsam, die von Angel als Fan sowie die von Jimmy als Idol, nähern sich der Frage nach Identität auf ihre eigene Art und Weise, ohne dabei belehrend zu wirken. Stattdessen sind beide auf der Suche, und man fühlt sich als Leser dazu eingeladen, sie auf diesem Weg zu begleiten.
Alice Oseman gelingt es an jeder Stelle, die richtigen Worte zu finden, sodass ihre Charaktere stets authentisch wirken. Die Handlung ist nachvollziehbar, ohne vorhersehbar zu sein. Der Verlauf der Erzählung ist untypisch, was die Geschichte umso interessanter macht. Besonders gut gefallen hat mir, dass Angels Dasein als Fan an keiner Stelle auch nur ansatzweise ins Lächerliche gezogen wird. Zwar kommen Fragen auf, Zweifel finden Raum, doch Angel ist stets mehr als eine leere Hülle, ihr Fan-Sein definiert sie nicht, sondern sie definiert was es bedeutet, ein Fan zu sein. Eine wirklich berührende Geschichte, die ich sehr gerne weiter empfehle!
*Erschienen im Loewe Verlag*
Autorin / Autor: lacrima - Stand: 8. August 2023