Ich hätte es wissen müssen

Autor: Tom Leveen
übersetzt von Anja Hansen-Schmidt
ab 13 Jahren

Buchcover

Hauptberuflich ist Tom Leveen Autor. Außerdem ist er Mitbegründer von Chyro Arts Venue, einem Kunstraum in Arizona, in dem darstellende und bildende Künstler auftreten können. Seit 1988 organisiert er dort Konzerte, Ausstellungen und Events. Leveen hat bereits fünf Jugendromane geschrieben. Sein erster Roman, der in Deutschland veröffentlicht wurde, war „Party“, nun folgt „Ich hätte es wissen müssen“.

Victoria ist eine ganz normale Schülerin. 16 Jahre alt, mittelmäßig beliebt, Mitglied des Softball Teams ihrer Schule. Sie freundet sich mit ein paar Schülern aus den höheren Klassen an und findet schnell ihren Platz in der Gruppe. Zwischen Witzen und fiesen Bemerkungen merkt sie jedoch kaum, wie einer ihrer alten Kumpels auf der Strecke bleibt. Sein Name ist Kevin. Kevin und Tori waren früher befreundet. Dann gibt es ein paar gemeine Kommentare auf Facebook, Tori findet das witzig und macht mit. Doch plötzlich ist Kevin tot – Selbstmord. Und Victoria steht als seine Mörderin vor Gericht: Versuchter Totschlag lautet die Anklage und Tori drohen bis zu 10 Jahre Haft.
Damit steht Toris Leben auf einmal Kopf. Ihr Bruder spricht nicht mehr mit ihr, die meisten Freunde wenden sich von ihr ab. Ihre Familie wird von Reportern belästigt und muss all ihre Ersparnisse aufbringen, um einen Anwalt für Tori zu bezahlen. In der Nacht vor ihrer Gerichtsverhandlung bekommt Tori plötzlich einen Anruf; sie vermutet einen Streich, noch mehr Beleidigungen und Einschüchterungen. Doch diesmal ist alles anders: Der Junge am anderen Ende behauptet, kurz davor zu sein, sich umzubringen. Deshalb hat er eine zufällige Nummer gewählt: Er will der Welt eine letzte Chance geben, zu beweisen, dass es gute Gründe gibt, weiterzuleben.

Das Besondere an dem Buch „Ich hätte es wissen müssen“ ist die Tatsache, dass sich die gesamte erzählte Handlung in nur wenigen Stunden abspielt. Das macht das Buch von der ersten bis zur letzten Seite spannend, sodass ich es in einem Rutsch durchgelesen habe. Außerdem wird hier das beinahe allgegenwärtige Thema Cybermobbing zur Abwechslung mal aus der Täter- statt der Opferperspektive aufgearbeitet. Dabei spielt Schuld eine große Rolle. Was bedeutet es, schuldig zu sein? Was bedeutet es, unschuldig zu sein? Was ist Reue und woher weiß man, dass sie aufrichtig ist?

„Tut es dir leid, dass du eine aktive Rolle bei Kevins Tod gespielt hast, oder tut es dir leid, dass du erwischt worden bist? Tut es dir leid, dass Kevin nie wieder einen Sonnenaufgang erleben wird, oder tut es dir leid, dass sein Tod ein vorübergehendes Hindernis für dich darstellt?“ (S. 184 Stellen wie diese haben mich berührt und auch mich zum Nachdenken angeregt. Was meinen Menschen wirklich, wenn sie sagen „Es tut mir leid“? Doch neben Schuld geht es auch um Zivilcourage. Es geht darum, was jeder einzelne von uns tun sollte, wenn er Zeuge einer Mobbingattacke wird. Niemand wird zur Mittäterschaft gezwungen – auch Tori hat diese Entscheidung selbst getroffen.

Deshalb glaube ich, dass Romane wie „Ich hätte es wissen müssen“ einen wichtigen Beitrag dazu leisten, bei jugendlichen Lesern ein Bewusstsein für Mobbing und seine Folgen zu schaffen. Tom Leveen hat damit eine Geschichte geschrieben, die einen von Seite zu Seite jagd, aber auch einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

*Erschienen bei Hanser*

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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 3. August 2015