Jede Frau hat ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt

Am 25. November ist Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Erschreckende Zahlen geistern in diesen Tagen wieder durch die Medien, denn wie jedes Jahr seit 1999 findet heute der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen statt. Und es ist mehr als nötig, auf das Thema immer wieder hinzuweisen, denn weltweit erleidet ein Drittel aller Frauen physische und/oder sexuelle Gewalt in ihrem Leben - verübt durch Väter, Brüder, Lehrer, Politiker, Nachbarn, Mitbewohner, Geistliche und viele andere. 750 Millionen Mädchen sind verheiratet worden, bevor sie ihr achtzehntes Lebensjahr erreichten, und mehr als 250 Millionen leiden unter Genitalverstümmelung. Frauenrechtlerinnen, die auf diese alarmierenden Zustände hinweisen und dagegen kämpfen, werden nicht nur selten unterstützt, sondern selbst zunehmend zu Zielen von Gewalt.

Am häufigsten erleben Frauen Gewalt in intimen Beziehungen, und es bleibt oft nicht bei gebrochenen Knochen: 38 Prozent aller Frauen, die getötet wurden, sind von ihrem Intimpartner ermordet worden, berichtet die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser.

Hintergrund

Der Internationale Tag gegen Gewalt gegen Frauen wurde 1981 von Feministinnen aus Lateinamerika und der Karibik ausgerufen. Sie erinnerten an die Schwestern Patria Mercedes, Minerva und María Teresa Mirabal, die 1960 in der Dominikanischen Republik aufgrund ihres Widerstandes gegen die Diktatur von Trujillo verschleppt, vergewaltigt und ermordet worden sind. Der Mut der Schwestern Mirabal wurde weltweit zum Symbol für Kraft und Widerstand von Frauen. In den Vereinten Nationen ist der 25. November seit 1999 als offizieller internationaler Gedenktag anerkannt.

Frauen sind von häuslicher Gewalt mehr bedroht als durch Waffen, Wohnungseinbruch oder Raub

Wie groß das Problem der Gewalt gegen Frauen ist, zeigen mehrere Studien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

  • 40 Prozent der befragten Frauen haben schon mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt oder beides erlebt.
  • Rund 25 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben Formen körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch den aktuellen oder einen früheren Beziehungspartner erlebt. Frauen sind demnach von häuslicher Gewalt mehr bedroht als durch andere Gewaltdelikte, wie Körperverletzung mit Waffen, Wohnungseinbruch oder Raub.
  • Zwei Drittel der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen haben schwere bis sehr schwere körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlitten. Über ein Drittel der betroffenen Frauen hat sehr schwere bis lebensbedrohliche Gewalt erlebt.
  • Trennung und Scheidung sind Situationen, in denen Frauen besonders davon bedroht sind, Opfer von Gewalt zu werden. Droht der Partner oder Ex-Partner Gewalt an, wird diese Drohung sehr häufig auch realisiert.
  • Gewalterfahrung in der Kindheit ist der stärkste Risikofaktor für Frauen, auch als Erwachsene Opfer zu werden: Das Risiko ist doppelt so hoch, wenn Frauen in ihrer Kindheit und Jugend körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern miterlebt haben; das Risiko ist dreimal so, wenn sie selbst Opfer von körperlicher Gewalt durch Erziehungspersonen wurden. Die in der Kindheit erlebte Gewalt hat also schwerwiegende Folgen auch für das Erwachsenenleben.

Sexualisierte Gewalt: Nein heißt Nein

Am 10. November 2016 trat in Deutschland neue Sexualstrafrecht in Kraft, mit dem jeder sexueller Übergriff dann strafbar wird, wenn er gegen den erkennbaren Willen einer Person ausgeführt wird. Zwar gebe es noch nicht so viele Fälle, die nach dem neuen Recht angezeigt wurden, so Katja Grieger, Leiterin des Bundesverbands der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland (bff), aber eine Umfrage zeige, dass einige Frauen sich gestärkt fühlen und sich eher überlegen, die erlebte Gewalt anzuzeigen.
Auch seien mehr Übergriffe bei der Polizei angezeigt worden und die neue Gesetzeslage stelle Polizei und Staatsanwaltschaft vor schwierige Ermittlungsaufgaben. Dazu Katja Grieger: “ Dass eine Frau ‚Nein‘ gesagt hat, ist in Aussage- gegen- Aussage Konstellationen sehr schwer zu beweisen. Wir wissen, dass das ‚Nein heißt Nein‘ die Arbeit der Ermittlungsbehörden nicht leichter macht – das kann ein solches Gesetz gar nicht leisten und dafür ist es auch nicht da. Es zeigt aber eine Haltung, wie der Rechtsstaat sexuelle Übergriffe bewertet und was der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung bedeutet.“

Insgesamt habe aber die Debatte um das neue Sexualstrafrecht die Sensibilisierung der Medien für das Thema sexualisierte Gewalt geschärft. Katja Grieger: „Teilweise fühlen Frauen sich durch eine differenzierte Berichterstattung ermutigt, sich gegen die ihnen widerfahrene Gewalt zu wehren und es freut uns, wenn die Tabuisierung von Gewalt durchbrochen wird.“ Sehr kritisch sieht der bff aber, dass in der medialen Aufbereitung allzu oft der Eindruck erweckt wird, sexuelle Übergriffe in Deutschland seien hauptsächlich ein Problem nicht-weißer Täter. Auch die mit dem Gesetz einhergehende Erleichterung von Ausweisungen von verurteilten Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft kritisiert der bff nach wie vor deutlich.

Viele der bff Fachberatungsstellen sind momentan dabei, die Öffentlichkeit und Fachöffentlichkeit über die neue Gesetzeslage zu informieren. Denn: „Nur weil das Gesetz geändert ist, heißt das noch lange nicht, dass etwas in den Köpfen der Menschen angekommen ist und dann auch umgesetzt wird. Das braucht neben der Zeit sicherlich auch ein bisschen Mut, Dinge anders zu machen und die Offenheit, aus neuen Erfahrungen zu lernen“, so Grieger.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilungen - Stand: 25. November 2017