Kamera aus und Klima schützen

US-Umweltstudie hat den CO2-Fußabdruck von Videokonferenzen gemessen

Seit Corona findet die Mehrzahl von Meetings, Besprechungen und Begegnungen nur noch online statt. Wer einen Computer mit Kamera und Mikrofon hat, schätzt diese virtuellen Zusammenkünfte, weil sie es ermöglichen, dass man in seiner Isolation wenigstens für ein paar Stunden menschliche Gesichter sieht. Auch der Online-Unterricht profitiert von den zahlreichen Möglichkeiten, die unterschiedliche Onlinekonferenztools bieten. Gerühmt wird zusätzlich, dass durch das Wegfallen von Reisestrecken große Mengen schädliche Klimagase eingespart werden. Aber was ist eigentlich mit dem CO2-Fußabdruck, den wir durch unseren digitalen Lebenswandel hinterlassen?

Eine neue US-amerikanische Studie hat das jetzt untersucht und herausgefunden, dass wir zwar im Jahr 2020 einen rekordverdächtigen Rückgang der globalen Kohlenstoffemissionen hatten, aber dass Homeoffice, Homeschooling und Filme streamen immer noch erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Wir selbst reisen zwar nicht mehr, dafür aber unsere Daten, denn sie werden weltweit gespeichert und übertragen.

Genauer angeschaut haben sich die Forscher_innen die Emmissionen von Onlinekonferenzen. Nur eine Stunde Videokonferenz oder Streaming stößt nach ihren Berechnungen zum Beispiel 150-1.000 Gramm Kohlendioxid aus (ein Liter Benzin, der von einem Auto verbrannt wird, stößt etwa 2.347 Gramm aus), benötigt 2-12 Liter Wasser und beansprucht eine Fläche, die etwa der Größe eines iPad Mini entspricht.

Lassen wir jedoch unsere Kamera während einer Videokonferenz ausgeschaltet, können wir diesen ökologischen Fußabdruck um 96 % reduzieren. Auch das Streamen von Filmen in Standardauflösung statt in High Definition könnte eine Reduktion von 86 % bringen, schätzten die Forscher_innen.

Die Studie, die von Forscher_innen der Purdue University, der Yale University und des Massachusetts Institute of Technology durchgeführt wurde, ist die erste, die neben dem Kohlenstoff-Fußabdruck auch den Wasser- und Land-Fußabdruck im Zusammenhang mit der Internet-Infrastruktur analysiert. "Wenn man sich nur auf eine Art von Fußabdruck konzentriert, verpasst man andere, die einen ganzheitlicheren Blick auf die Umweltauswirkungen bieten können", sagt Roshanak Nateghi, Professor für Wirtschaftsingenieurwesen an der Purdue University.

*Internet kostet nicht nur Strom, sondern auch Wasser und Land*
In vielen Ländern ist der Internetverkehr seit März um mindestens 20 % angestiegen. Wenn sich der Trend bis Ende 2021 fortsetze, würde allein diese erhöhte Internetnutzung einen Wald von etwa 71.600 Quadratmeilen erfordern - doppelt so viel wie die Landfläche von Indiana - um den emittierten Kohlenstoff zu binden, so die Studie.
Der zusätzliche Wasserbedarf für die Verarbeitung und Übertragung von Daten würde außerdem ausreichen, um mehr als 300.000 olympische Schwimmbecken zu füllen, während der daraus resultierende Fußabdruck ungefähr der Größe von Los Angeles entspräche.

Das Team schätzte den Kohlenstoff-, Wasser- und Land-Fußabdruck, der mit jedem Gigabyte an Daten verbunden ist, die auf YouTube, Zoom, Facebook, Instagram, Twitter, TikTok und 12 weiteren Plattformen sowie bei Online-Spielen verwendet werden. Wie erwartet, sind die Fußabdrücke umso größer, je mehr Videos in einer Anwendung verwendet werden.

Da die Datenverarbeitung viel Strom verbraucht und jede Stromerzeugung einen Kohlenstoff-, Wasser- und Land-Fußabdruck hat, reduziert jede Einschränkung des Daten-Downloads die Umweltbelastung.

"Bankensysteme sagen Ihnen, welche positiven Auswirkungen es auf die Umwelt hat, wenn Sie papierlos werden, aber niemand sagt Ihnen, welche Vorteile es hat, wenn Sie Ihre Kamera ausschalten oder die Qualität des Streaming reduzieren. Ohne Ihr Einverständnis vergrößern diese Plattformen also Ihren ökologischen Fußabdruck", sagte Kaveh Madani, der diese Studie als Gastwissenschaftler am Yale MacMillan Center leitete und führte.

*Internet verursachte auch schon vor Corona 3,7 % der globalen Treibhausgasemissionen*
Der CO2-Fußabdruck des Internets war schon vor den COVID-19-Einschränkungen immer größer geworden und machte etwa 3,7 % der globalen Treibhausgasemissionen aus. Aber der Wasser- und Land-Fußabdruck der Internet-Infrastruktur wurde bei Umweltstudien weitgehend außer Acht gelassen, so Madani.

Interessant ist auch, dass Fußabdrücke nicht nur je nach Webplattform, sondern auch je nach Land variieren. Das Forschungsteam sammelte Daten für Brasilien, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Iran, Japan, Mexiko, Pakistan, Russland, Südafrika, Großbritannien und die USA. Dabei kam heraus, dass die Verarbeitung und Übertragung von Internetdaten in den USA einen CO2-Fußabdruck hat, der 9 % höher ist als der weltweite Durchschnitt, aber einen Wasser- und Land-Fußabdruck, der 45 % bzw. 58 % niedriger ist.

Die Einbeziehung des Wasser- und Land-Fußabdrucks der Internet-Infrastruktur ergab für einige Länder ein überraschendes Bild. Obwohl Deutschland durch die Nutzung erneuerbarer Energien, einen CO2-Fußabdruck hat, der deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt liegt, sind seine Wasser- und Land-Fußabdrücke viel höher.

Die Schätzungen basieren auf öffentlich zugänglichen Daten für jede Plattform und jedes Land, auf Modellen, die von Madanis Forschungsgruppe entwickelt wurden und auf bekannten Werten des Energieverbrauchs pro Gigabyte Festnetz-Internetnutzung. Die Schätzungen sind laut der Forschenden grob, da sie nur so gut sind wie die Daten, die von den Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Trotzdem könnten wir uns ja bei unserem Onlinekonsum auch ein wenig klimabewusster verhalten: Öfter mal die Videofunktion abschalten und wenn man unbedingt streamen muss, dann mit geringerer Auflösung!

Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Resources, Conservation & Recycling veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 28. Januar 2021