Kaukasische Tage
Autorin: Banine
Mit einem Nachwort von Olga Grjasnowa
Aus dem Französischen von Bettina Bach
Beiläufig wie eine simple Erzählung und dabei unerschrocken ehrlich scheint Banine sich an ihre Jugend zu erinnern und in dieser Autobiographie festzuhalten, doch schon nach wenigen Seiten merkte ich, dass diese Geschichte viel mehr birgt.
Banine schreibt von ihrer Jugend als aserbaidschanische Jugendliche, welche von markanten historischen Ereignissen geprägt und immer wieder umgeworfen wurde. Banines Jugend spielt sich im frühen zwanzigsten Jahrhundert ab, in einer Welt, die zunächst von nie dagewesenem Reichtum und kulturell vom Islam geprägt ist. Über die folgenden politischen Umschwünge, aber auch der aufkommende „europäische Einfluss“, die in Banines Leben eine entscheidende Rolle spielen, reflektiert die Autorin mit der Leichtigkeit und Beiläufigkeit einer einfachen Erzählung, was dem gesamten Buch eine Authentizität verleiht, die mich so sehr packte, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte.
Banines Schreibstil ist schlicht und sehr angenehm zu lesen. Die Autorin verkünstelt sich nicht mit aufwändigen Formulierungen, spannenden Adjektiven oder überraschenden Wendungen. Doch das muss sie auch nicht, denn ihre Geschichte überzeugt mit ihrer Geschichte selbst und dem Wissen, dass nichts davon ausgedacht oder beschönigt ist. Mich erinnerte das Buch an die Begebenheit, wenn Urgroßeltern ihre Lebensgeschichte zum ersten Mal erzählen.
Ich möchte die Geschichte gar nicht bewerten, was mir falsch erschiene, da das nicht irgendeine Geschichte ist, sondern ein echtes Leben, in das man als Leser eintauchen darf. Auch ist es nicht irgendeine Geschichte, weil es nicht nur eine Geschichte ist. Viel mehr erzählt das Buch viele kleine Geschichten. Die Geschichte von dem plötzlichen Reichtum der Ölbaronen im Nahen Osten. Die Geschichte einer Nation, die mal Teil der UdSSR und mal ein eigener Staat ist. Die Geschichte vom Umschwung von Idealen und Lehren im zwanzigsten Jahrhundert. Die Geschichte von der weiblichen Emanzipation im Nahen Osten. Und nebenbei erfährt man die Geschichte der Autorin, die jung erwachsen wurde.
Die einzige Kritik, die ich mir an diesem Buch erlauben möchte, ist, dass ich mir gewünscht hätte zu erfahren, wie es mit Banine nach ihrem Aufbruch nach Paris weiterging. Ich kann dieses Buch jedem wärmstens empfehlen, der eine Lektüre sucht, die ganz tief berührt und dabei auch noch von hohem intellektuellen Wert ist.
*Erschienen bei dtv*
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Autorin / Autor: kadi - Stand: 3. Juni 2022