„Kein Plan“ heißt der Jugendroman von Tobias Steinfeld und genau darum geht es in diesem Buch auch erst einmal: Um die Sorgen eines Jugendlichen, der keinen Plan hat, was er mit sich und seiner Zukunft anfangen soll. Der Protagonist, Albert, steht zu Beginn der Geschichte kurz vor dem Abschluss der zehnten Klasse – und somit vor seinem letzten Schultag. Denn obwohl er keine Ahnung hat, was er danach machen will; von der Schule will er weg. Dort haben die meisten anderen ihre Zukunft schon genau geplant (Karriere, eigenes Haus, Kinder, Hund) und auch für Albert haben sie diverse Vorschläge parat, die aber kaum etwas mit ihm und seinen Interessen zu tun haben. Durch einen Schicksalsschlag und eine Verkettung skurriler Umstände sieht Albert sich aber mit einem Mal im Zugzwang: Er muss sofort eine Ausbildungsstelle finden! Hals über Kopf verlässt er seine (Klein)Stadt, um auf dem Land eine mysteriöse Ausbildungsstelle anzutreten. Wenigstens ist er nicht alleine, aber sind seine neuen Freunde tatsächlich die, die sie vorgeben zu sein? Und ist dieser Ort wirklich der richtige für Albert?
Neugierig geworden? Wenn ihr an einem verrückten Buch über Freundschaft, Erwachsenwerden, Trauer und den Sinn des Lebens interessiert seid, dürfte „Kein Plan“ für euch das richtige sein. Alberts Sinneswandel im Laufe der Geschichte ist sehr gut nachvollziehbar dargestellt. Schon am Anfang merkt man, dass er sich in seiner Umgebung nicht richtig wohlfühlt. Einerseits versucht er, das mitzumachen, was alle machen, auch wenn er den Sinn nicht versteht. Andererseits ist seine Entscheidung, die Schule nach der zehnten Klasse zu verlassen, eine (unterbewusste?) Rebellion gegen seine intellektuellen Eltern und seine spießgien Freunde. Auch wenn er sonst angepasst scheint, handelt er in diesem Fall ganz nach dem Motto: Egal, was es ist, ich bin dagegen!
Auch spricht der Roman sehr schön das Dilemma an, mit dem heute viele junge Leute konfrontiert werden: Es gibt so viele Möglichkeiten, dass man gar nicht weiß, was man tun soll. Studium oder doch lieber eine Ausbildung? Und welche Fachrichtung überhaupt? In der Schule wird auf diese Fragen nicht wirklich vorbereitet. Auch Alberts Klasse hat zwar eine Stunde beim Berufsberater und er selbst geht später in das Berufsinformationszentrum, doch eine wirkliche Hilfe ist ihm das nicht. Es wird weder konkret auf ihn, seine Wünsche und Vorstellungen eingegangen, noch bekommt er die richtigen, für ihn wichtigen Informationen. Dieses Buch gibt natürlich auch keine greifbare Antwort auf die Frage, was man mit seinem Leben anfangen soll. Aber es ermuntert, nicht darauf zu hören, was einem die anderen raten, sondern seinen eigenen Weg zu gehen, auszuprobieren, zu scheitern und weiterzumachen. Außerdem findet Albert heraus, dass das Wertvolle an guten Freunden ist, dass man sagen und sein kann, wie man will, und das im Leben von Jugendlichen nicht zwingend Alkohol und Sex die Hauptrolle spielen müssen.
Es werden viele Themen angesprochen, die im Leben von heutigen Jugendlichen wichtig sind: Liebe, Sex, Freundschaft, Gefühle, die Zukunft, Gruppenzwang, Oberflächlichkeit, Eltern, Geschwister, Todesfälle, Alkoholkonsum, Schule, der Sinn des Lebens, Trennungen… Und das aus der Sicht eines Heranwachsenden selbst, auf eine zum Teil naiv wirkende, aber auch nachdenkliche Art.
Mir hat der Roman insgesamt sehr gut gefallen. Die Charaktere sind mit ihren Macken und Fehlern sehr sympathisch. Albert/Tobias Steinfeld spielt viel mit der Sprache. Manchmal gibt es Sätze, die nicht ganz grammatikalisch korrekt scheinen, aber das ist dann wohl der Jugendslang. Auch der Showdown am Ende wirkt etwas krude, aber da das ganze Buch etwas verrückt ist, passt er eigentlich ganz gut rein. Das Ende kommt dann eher abrupt und vieles bleibt offen, aber auch das harmoniert mit der Aussage dieses Romans: Alles ist möglich, wenn man offen dafür ist.
*Erschienen bei Thienemann-Esslinger*
Autorin / Autor: Johanna - Stand: 9. September 2019