Lenz - Gedankenfetzen

LENZ - ein zweiter Roger Cicero?

CD-Cover

Richard Lenz hat fast in Eigenregie diese CD 2015 herausgebracht - Respekt! Songs, Produktion, Instrumente, Gestaltung - alles lag in seiner Hand und seinem Geist. Die tracks (10) sind nicht was fürs Nebenbei-Reinhören, denn sie sind oft hintergründig und daher anspruchsvoll, teils auch witzig. "Breit" war Lenz wohl nicht nur in seinen Texten recht häufig, sondern auch die Druckerei, die das Booklet von der Paginierung her falsch zusammengeheftet hat ;-). Da kommt nach Lied Nr. 1 gleich Nr. 4 und nach Nr. 2 die Nr. 5. Aber wir Lizzies lassen uns von solchen Lapalien nicht irritieren! :-) Lenz hat zwar keine sonderlich gute Stimme, sorry (!), aber die hat unser nuschelnder Grönemeyer ja auch nie so recht gehabt und er ist dennoch ein bedeutender Musiker geworden. Lenz´ Gesangstechnik ist ausbaufähig, die Musik ist gut. Seine Themen sind zwischenmenschliche Beziehungen und der ungeschminkte, erbarmungslose Blick in unser aller eigenes Ich, die Masken, die wir aufsetzen und unsere eigenen Unzulänglichkeiten. Gesellschafts- und selbstkritisch, dabei aber nicht ohne Humor, so kommt er rüber und will uns zum Nachdenken anregen, indem er in komprimierter Form wortspielreich unseren Cortex cerebri anspricht.

*Fazit:* Die CD ist zwar zum Mitswingen geeignet, aber nicht wirklich zum Tanzen, dafür politisch ambitioniert.
Das wird besonders deutlich in den Liedern 5 (In Dornenbüschen), 7 (Ich reg mich wieder nur auf), 8 (Auf beiden Ohren breit) und 10 (Am Ende). Die teils treibende Musik ist mit Bläsern, Schlagzeug, Gitarre, Piano und Posaunen (die ein Streichquartett ersetzen) im mittleren Geräuschpegel gehalten, dafür überrascht sie mit dem plötzlichen Auftauchen eines Cembalos und einer Harfe (!) in "Wehe mir". Letztlich sind alle Lieder vom Piano, dem rotzfrechen Gitarrenspiel und mehrstimmigem Gesang (ich liebe das!) gekennzeichnet. Sein swingender Stil erinnert sehr an die CDs von Roger Cicero. Ich denke, wem R. Cicero gefällt, der wird auch ein Anhänger dieses Sängers werden, falls er es nicht schon ist!

Was das Cover anbelangt, so vermute ich mal, dass er hier eine Brücke zu den Textinhalten schlägt, weil er damit wohl zum Ausdruck bringen wollte, dass wir nach außen alle gleich anmuten, wie Fische im Meer, doch unter der glitzernden Hülle steckt oft nicht so Schönes und Ansehnliches, das wir alle gerne mit Äußerlichkeiten zu verstecken suchen - unsere Schwächen, die oftmals nicht besser sind als der Gestank nach totem Fisch.

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Autorin / Autor: Roswita - Stand: 15. Februar 2016