Lost in Australien - Ein Work and Travel Roman
Autorin: Henriette Wich
Vier Surfboardumrisse, die verschiedene Szenenausschnitte zeigen. Darunter, wie ein Logo für ein Start-up Reiseunternehmen, der Titel „Lost in Australien“. Cremeweißer Grund mit schwarzen Sprenkeln, ein bisschen wie Vanillezucker. Das Cover zu Henriette Wichs Jugend-Work-and-Travel-Roman schreit geradezu nach Sommer und Abenteuer, es lockt mit dem Versprechen, in eine andere Welt zu entführen, den Leser mit auf eine tolle Reise zu nehmen – und wird damit zu einem ruhmlosen Vertreter der Kategorie „es ist nicht alles Gold, was glänzt“. Aber dazu später mehr.
Alinas großer Traum ist es, nach Australien zu gehen. Andauernd pendelt sie zum Münchner Flughafen, wartet in der Ankunftshalle auf all diese fremden Heimkehrer, die sich aus der Maschine aus Australien ergießen. Jetzt, im Sommer nach dem Abitur, soll ihr Traum endlich wahr werden. Der Plan: Ein Jahr Work und Travel in ihrem Sehnsuchtsland. Nach einem holprigen Start macht sie sich mit Sunny auf die große Reise. Sunny, die sie eigentlich gar nicht wirklich kennt. Immerhin lernen sich die beiden über eine Internetplattform kennen, bei der man für ebensolche Zwecke wie W&T Reisepartner finden soll. Nur weil es vielleicht auf den ersten Kontakt funktioniert, und Sunny wie die Seelenverwandte wirkt, die Alina nie hatte, soll das jetzt gutgehen? Hier sind Probleme vorprogrammiert.
Doch auch Mason, den Alina in Australien kennenlernt, stellt ihre Pläne gehörig auf den Kopf – dass sie sich fern der Heimat so heillos in einen Jungen verschießt, den sie einfach nicht mehr aus dem Kopf kriegt, war definitiv nicht geplant. Ihre große Liebe sollte doch das Land selber sein!
*Meine Meinung*
Ich habe es eingangs bereits erwähnt: Überzeugen konnte mich „Lost in Australien“ nicht. In meinem üblichen 5-Sterne-Ranking muss es sich mit mageren 2,5 zurück ins Regal trollen. Schade, denn die Geschichte hatte eigentlich ganz gut Potenzial. Auf guten 200 Seiten schlummert ein Schreibstil, der zielgruppenangepasst und flüssig zu lesen ist. Die Beschreibungen sind lebhaft und nehmen den Leser tatsächlich mit – und das macht – leider, möchte man sagen – genau die 2,5 Sterne aus, die ich für den Roman vergebe. Was ich aber hart anzukreiden habe ist die Darstellung der Hauptfigur. Alina ist mir von Beginn an schon so dermaßen auf den Keks gegangen, dass ich eigentlich nach kaum 20 Seiten schon gar keine Lust mehr hatte, das Buch zu lesen. Schuld sucht sie immer bei anderen, stellt ihr eigenes Handeln nie in Frage und übt dafür umso ärger Kritik an anderen. Dass sich ihre Abreise nach Australien verschiebt? Nicht ihre Schuld – das ist allein die Schuld ihrer Schulfreundin, die zögert, und deren Eltern, weil die, zurecht!, Bedenken haben. Die Probleme in Australien? Sunnys Schuld, was muss die sich auch so aufspielen! Was mich am meisten gestört hat, war, dass Alina auch überhaupt nichts dazuzulernen scheint. Persönliche Weiterentwicklung und Erfahrungssammlung sind doch mit Ziel eines Work und Travel Jahres! Bei Alina in diesem Roman? Keine Spur davon zu sehen. Sie bietet auch kaum Identifikationsfläche für den Leser, da sie abgesehen von ihrer Wahrnehmungsverzerrung (alle sind Schuld und nur ich bin perfekt) eigentlich keine sonderlichen Charakterzüge hat. Für einen Jugendroman von gerade mal 200 Seiten ein sehr schlechter Ausgangspunkt. Interessanterweise sind alle Charaktere außer Alina selbst sehr detailliert und vielschichtig gezeichnet – da aber auf der Kürze kein Platz für viele Charaktere bleibt, ist das nur ein kleiner Trost. Meiner Meinung nach wäre Sunny die bessere Hauptfigur gewesen … trotzdem glaube ich, dass es den ein oder anderen begeistern wird, und sei es nur fürs Wegträumen ins ferne Australien ;)
*Erschienen bei Carlsen*
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Autorin / Autor: cheshirekitty - Stand: 23. März 2020