Der Roman „The Lying Game – Weg bist du noch lange nicht“ von Sara Shepard ist 2012 im cbt – Verlag erschienen und ist der zweite Teil der Geschichte von der adoptierten Emma Paxton und ihrer toten Zwillingsschwester Sutton Mercer, deren Platz sie heimlich einnehmen musste – um den Mörder ihrer Schwester zu finden und nicht selbst von ihm umgebracht zu werden.
Der erste Band „The Lying Game – Und raus bist du“ handelt von dem Pflegekind Emma Becker, die auf der Suche nach dem Mörder ihrer Zwillingschwester, die sie nie kennen gelernt hat, in ein Intrigennetz gerät, dass sie selbst in große Gefahr bringt. Nur Emma weiß, dass Sutton Tod ist. Nur der Mörder weiß, dass Emma ihren Platz eingenommen hat und er scheint jeden ihrer Schritte zu überwachen. Der Mörder muss jemand aus Suttons und nun Emmas direkten Umfeld sein, denn Sutton hat sich viele Feinde gemacht.
Im zweiten Band ist Emma inzwischen tief in Suttons Leben und das Lügenspiel des Mörders eingetaucht. Sie versucht die Fassade aufrecht zu erhalten und gleichzeitig dem Mörder ihrer unbekannten Zwillingsschwester zu finden und zur Strecke zu bringen. Denn inzwischen ist auch Emmas Leben bedroht. Gemeinsam mit Ethan, der die Wahrheit kennt, versucht sie den Mörder aus Suttons Umfeld ausfindig zu machen. Denn Feinde hat sich die intrigante Sutton viele gemacht.
Ethan und Emma ziehen die Kreise immer enger und können die Anzahl der Verdächtigen immer weiter verringern. Um zu verhindern, dass er entdeckt wird, verübt der Böse in diesem Spiel mehrere Anschläge auf Emma. Doch das hält sie nicht davon ab, ihm immer näher zu kommen, denn Emma will nur zwei Dinge: Den Tod ihrer Schwester aufklären und wieder sie selbst sein – damit sie vielleicht irgendwann auch mit Ethan etwas mehr werden kann als nur Freunde.
Das Buch hat 317 Seiten und ist in einem einfachen und schlichten Schreibstil gehalten. Die Geschichte setzt nahtlos an den ersten Teil an und führt mit kurzen Zusammenfassungen die Handlung stringent fort. Die Charaktere werden weiter ausgebaut und vertieft. Man erfährt immer mehr über Suttons Leben mit ihren Lügenspielen und gefährlichen Machenschaften, die sie als Menschen ohne Skrupel und mit eiskaltem Humor kennzeichnen. Gleichzeitig wird dadurch auch die Beziehung zu ihren Freundinnen beleuchtet, die Emma gleichzeitig als große Gefahr und wunderbare Menschen kennen lernt. Der Konflikt in den Emma dadurch gestürzt wird, ist in diesem zweiten Band noch deutlicher als im ersten: Sutton führt augenscheinlich ein Leben, das Emma sich immer gewünscht hat. Mit wundervollen Freundinnen, perfekten Eltern, einer liebenden Schwestern und mit Freiheiten ohne Grenzen. Gleichzeit wird ihr aber immer bewusster, wie scheinheilig dieses Leben durch Suttons Taten geworden ist und wie unecht jede dieser Beziehungen zu den Menschen, die Emma selbst sehr schätzt, sein könnte. Schockierend ist dabei wie man durch die Flashbacks von Suttons Geist direkt in die Handlungen hineingeworfen wird, die zu dem Mord geführt haben könnten. Nämlich Teile von Suttons unglaublichen Lügenspielen – Streichen die sie ihren Freundinnen und Dritten immer wieder gespielt hat. Die Atmosphäre, die Shepard während dieser Kapitel aufbaut, ist unbeschreiblich – als würde man den Atem anhalten müssen bis die spannungsvollen Szenen vorbei sind. Egal ob es dabei um unheimliche Momente in Wäldern oder auf Bahngleisen geht. Amüsant ist dabei, wie erschrocken der unter Amnesie leidende Sutton-Geist, von ihren eigenen Taten ist. Etwas unglaubwürdig erscheint es aber doch, womit Sutton letztendlich alles durchgekommen ist, ohne dass jemand sie (vor dem Mord) zur Rechenschaft gezogen hätte. Ebenso wie die Tatsache, dass der Mord langsam aber sicher von langer Hand geplant zu sein scheint, ist bisher noch etwas unglaubwürdig. Aber auch dazu wird nichts verraten, was die Neugier auf die nächsten Bände noch erhöht.
Der Charakter Ethan ist Emma zunächst eine große Stütze. Auch sein Charakter wird gefestigt und man erfährt einiges über den Jungen hinter der helfenden Maske. Aber auch diese Freundschaft bleibt nicht unbelastet. So ist es Shepard eindrucksvoll gelungen neben der Spannung, den Gefahren, den Intrigen auch noch die ganz normalen Teenagerprobleme einzubauen. Die erste große Liebe, die Eifersucht und das Verleugnen. Das ganz normale Leben neben dem Horrorfilm – das ist Emmas Realität seit sie Suttons Platz übernommen hat.
Der Roman hat mehrere große Spannungsmomente in denen Emma entweder glaubt dem Mörder ganz nah gekommen zu sein, oder selbst vom Mörder aufs Korn genommen worden ist. Es ist ein ständiges Auf und Ab der Handlungskurve und wenn man nicht gerade um Emmas Leben bangt, dann können Vermutungen darüber angestellt werden, wer denn nun der Mörder ist. Die Schwester? Die beste Freundin? Die Möchtegerns?
Enttäuschend fand ich dabei nur, dass man diesem Roman ganz klar anmerkt, dass er lediglich eine Art Zwischenstopp ist. Der konkrete Handlungsverlauf, also die Suche nach Suttons Mörder, wird letztendlich in keiner Weise vorangetrieben. Am Ende des Romans ist man nach den ganzen Spannungsaufbau irgendwie enttäuscht und die Frage: „Und das wars jetzt?“ zwingt sich auf, denn man hat nichts Neues oder Hilfreiches erfahren. Im Grunde ist absolut klar, dass der Roman genauso gut hätte weggelassen oder in einen der anderen integriert werden können. Die Neugier auf den nächsten Roman ist definitiv da, aber nur, weil dieser Roman nicht wirklich zur Fallauflösung beigetragen hat. Hervorragend dagegen war er in der Vertiefung der Charaktere und der Beziehungen.
Alles in allem ist es also ein weiterer lesenswerter Roman von Sara Shepard, die mit ihrem Talent, das Normale mit dem Krimi zu verbinden, den Leser an das Buch fesselt.
*Erschienen bei cbt *
Autorin / Autor: LadyJanna - Stand: 21. Januar 2013