Mathelust vergangen
Forschung: Warum so wenig Frauen sich für ein Mathematik-Studium entscheiden
Dass weibliche Studenten eher zur seltenen Spezies in Hörsälen mit Mathematikvorlesungen gehören, ist bedauerlich und immer noch ein ungelöstes Rätsel, dem sich seit Jahren etliche Studien widmen. Einen neuen Versuch hat jetzt Dr. Rebecca Lazarides vom Institut für Erziehungswissenschaften der TU Berlin unternommen. Zusammen mit Prof. Dr. Angela Ittel, Leiterin des Fachgebiets Pädagogische Psychologie, hat sie das dreijährige Forschungsprojekt „GeMiS – Gender, Migration, Schule“ konzipiert, zu dem jetzt abschließende Ergebnisse vorliegen. Unter anderem wurden 425 SchülerInnen der achten bis zehnten Schulstufe verschiedener Schultypen in Berlin dazu befragt, was ihr Interesse an Mathematik beeinflusst: die Einschätzung der eigenen mathematischen Fähigkeiten, die Mathe-Note und die Stereotypisierung des Faches als „typisch männlich“. Außerdem untersuchte Rebecca Lazarides, wie LehrerInnen und Eltern die Ausprägung dieser drei Faktoren beeinflussen.
Dabei stellte sie fest: Obwohl Mädchen sich in ihren mathematischen Leistungen kaum von Jungen unterschieden, schätzten sie ihre Fähigkeiten deutlich schlechter ein als ihre männlichen Mitschüler. „Den Mädchen ist nicht bewusst, dass sie genauso gut rechnen können wie die Jungs“, so die Wissenschaftlerin.
Dieses negative Selbstbild hängt offenbar oft mit Vorurteilen seitens der LehrerInnen zusammen, die an SchülerInnen nicht spurlos vorüberziehen, denn Mädchen, die den Eindruck hatten, dass ihre Lehrkraft die Jungen für begabter hielt, berichteten, dass sie sich weniger für Mathe interessierten, und schätzten auch ihre mathematischen Fähigkeiten schlechter ein. Der direkte Vergleich zwischen Schülerinnen zeigte sogar, dass Mädchen, deren Lehrerin oder Lehrer Mathematik für ein typisches „Jungenfach“ hielt, schlechtere Noten hatten – eine „selbsterfüllende Prophezeiung“, so nennt es die Forschung: Die Schülerinnen verhalten sich so, wie sie annehmen, dass es von ihnen erwartet wird.
*Berühmte Mathematikerinnen als Vorbild*
„Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Lehrenden den Schülerinnen und Schülern immer wieder vermitteln, dass stereotypisierende Zuschreibungen wie ‚Mädchen sind ja allgemein nicht besonders begabt in Mathe!‘ nicht zutreffend sind“, erklärt Rebecca Lazarides. Hilfreich sei auch, wenn die LehrerInnen im Unterricht beispielhaft auch berühmte Mathematikerinnen erwähnen. „Dadurch vermitteln sie ihren Schülerinnen, dass Mathe kein reines Männerfach ist“, so die TU-Pädagogin. Auch Unterrichtsmaterialien wie Textaufgaben müssten für Jungen und Mädchen gleichermaßen ansprechend sein.
Rebecca Lazarides fand außerdem heraus, dass die von den SchülerInnen wahrgenommene Sozialkompetenz der LehrerInnen eine entscheidende Rolle spielt: Schülerinnen, die ihre LehrerInnen als zugewandt und an sich persönlich interessiert wahrnahmen, interessierten sich auch mehr für den Mathematik-Unterricht. Gleiches gilt der Studie zufolge auch in der Beziehung zwischen Eltern und Töchtern: Das Interesse der Mädchen stieg, wenn sie den Eindruck hatten, ihre Eltern würden sich für ihren Lernfortschritt interessieren, etwa weil diese bei den Mathe-Hausaufgaben halfen oder ihre Töchter zu guten Leistungen ermunterten. Bei Jungen ist diese Wechselwirkung nicht zu beobachten.
Aber auch ein als klar strukturiert und verständnisorientiert wahrgenommener Unterricht steigerte das Interesse der Schülerinnen. Und SchülerInnen, die sich in die Gestaltung des Unterrichts eingebunden fühlten, schätzten nicht nur ihre eigenen Fähigkeiten besser ein, sondern erzielten auch bessere Leistungen.
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Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Redaktion; Bild: LizzyNet - Stand: 6. November 2013