Milchkapseln gegen Verpackungswahn
Forscher*innen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entwickelten eine lösliche Hülle für Kaffeesahne
Foto: Martha Wellner - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
"Wieviel Stück Milch hätten Sie denn gern?" Wenn ihr das im Café demnächst gefragt werdet, dann hat die Forschung wieder einmal einen großen Schritt in Richtung Umweltfreundlichkeit geschafft, denn portionierte Milch und andere Flüssigkeiten brauchen hoffentlich bald keine Plastik- oder Pappverpackungen mehr, sondern schwimmen in einer Kapsel mit einer löslichen Hülle, die sich in einem heißen Getränk einfach auflösen. Entwickelt wurde die "Unverpackt-Idee" von Forscher_innen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Mit den Milchkpaseln ließe sich nicht nur der Verbrauch von Verpackungsmaterialien reduzieren, sie sind auch einfacher zu benutzen als herkömmliche Plastikdöschen, die schon so manche Kaffeerunde unschön beendet haben.
Bei den neuen Milchkapseln handelt es sich im Grunde um Zuckerwürfel, die mit Milch oder Kondensmilch gefüllt sind. Ihre Herstellung ist relativ einfach: Zunächst wird eine Lösung aus Milch und dem gewünschten Zucker hergestellt, die in eine Form gegeben wird. Danach kühlt die Lösung ab, wobei der überschüssige Zucker an den Rand der Flüssigkeit wandert und sich dort Kristalle bilden. Im Inneren befindet sich dann eine Milch-Zucker-Lösung. In mehreren Versuchen untersuchte die Ernährungswissenschaftlerin Martha Wellner im Rahmen ihrer Promotionsarbeit, welche Stoffe und welche Abkühlungsprozesse die besten Ergebnisse liefern.
Bisher gibt es zwei Varianten des Milchcontainers: eine gesüßte und eine leicht gesüßte. An einer ungesüßten Kapsel arbeiten die Forscher_innen derzeit noch. Die Kapseln können in verschiedenen Formen hergestellt und bei Raumtemperatur gelagert werden. Einmal verkapselt, hält sich die Milch so für mindestens drei Wochen. "Unser Verfahren lässt sich auch für andere Flüssigkeiten einsetzen. Wir können zum Beispiel Fruchtsaftkonzentrat einkapseln", so Wellner weiter.
Die Idee zu dem Verkapselungsverfahren hatte Prof. Dr.-Ing. Joachim Ulrich vom ehemaligen Zentrum für Ingenieurwissenschaften der MLU schon vor Jahren. Seine Arbeitsgruppe erforscht seit langem die Prozesse der Kristallbildung und wie sich diese industriell, zum Beispiel auch bei der Herstellung von Tabletten, nutzbar machen lassen. "In anderen Promotionsarbeiten haben wir bereits andere Verfahren zu Verkapselung erforscht, jedoch mit anderen Zielsetzungen", sagt Ulrich. Der potenzielle Nutzen der neuen umweltfreundlichen Entwicklung sei groß: "Die Kapseln sind zum Beispiel als mögliche Alternative für die kleinen, äußerst unpraktischen Verpackungen von Kaffeesahne gedacht, die es in großer Zahl etwa bei Konferenzen oder in Flugzeugen gibt."
Für das Verfahren haben die Wissenschaftler_innen bereits 2015 ein Patent angemeldet. Noch gibt es aber kein finales Produkt. Dafür muss noch überprüft werden, ob die Idee sämtliche Anforderungen für Lebensmittel erfüllt und ob sich die Milchkapseln auch kostengünstig in großer Stückzahl herstellen lassen.
Ihre Ergebnisse stellt die Forschergruppe in der Fachzeitschrift "Chemical Engineering & Technology" vor.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 14. August 2017