US-Studie: Schüler_innen haben große Schwierigkeiten, Fake-News von echten Nachrichten zu unterscheiden
Mal ehrlich, welchen Nachrichten schenkt ihr mehr Glauben: der News, die euch eine Freundin gerade über WhatsApp geschickt hat oder einer Meldung, die ihr in einem renommierten Nachrichten-Portal gelesen habt? Der kritischen LizzyNet-News-Konsumentin unterstellen wir natürlich letzteres ;-). Aber in den USA, so fand eine im November veröffentlichte Studie heraus, haben Schüler_innen, Student_innen und auch andere "Digital Natives" immer mehr Schwierigkeiten , zwischen Fakten und sogenannten "Fake-News" zu unterscheiden. Besonders Informationen, die über soziale Kanäle fließen oder in einer Google-Suche auftauchen, haben offenbar großes Potenzial, ihre Leser_innen zu täuschen. Das ergab eine Studie der Stanford Graduate School of Education.
Besonders schwer sei es den Studierenden gefallen, zum Beispiel Anzeigen von Nachrichtenartikeln zu unterscheiden oder herauszufinden, woher die Informationen stammten, die sie da gerade gelesen hatten. "Viele Menschen gehen davon aus, dass junge Menschen soziale Medien fließend bedienen können, und sie deshalb sehr gut beurteilen können, was sie dort vorfinden", so Professor Sam Wineburg, der Hauptautor der Studie. "Leider zeigt unsere Studie: das Gegenteil ist der Fall."
Der Beginn der Studie lag schon im Januar 2015, also noch weit vor den jüngsten Debatten über gefälschte Nachrichten und ihren Einfluss auf die Präsidentschaftswahl. Auslöser für die Untersuchung war die Befürchtung der Autor_innen, die Demokratie sei bedroht durch die Leichtigkeit, mit der sich Desinformationen über gesellschaftliche Fragen verbreiten. Da die meisten Untersuchungen zur Einschätzung des Wahrheitsgehalts in Online-Medien schon veraltet seien, waren nach Ansicht der Forscher_innen dringend neue Erkenntnisse nötig. Der neue Bericht befasst sich demnach nicht nur mit der Nachrichtenkompetenz, sondern untersucht auch die Fähigkeit der Schüler_innen, Facebook- und Twitter-Feeds zu beurteilen, Kommentare in Leser-Foren, Fotos oder andere digitale Nachrichten einzuordnen, die die öffentliche Meinung betreffen.
*Werbung nicht erkannt*
Mithilfe von 15 altersgerechten Tests - fünf je für Mittelschule, Höhere Schule und Hochschulniveau - testeten die Forscher_innen das Schlüsselverständnis der Schüler_innen; sie sollten herausfinden, wer eine Geschichte geschrieben hat und ob diese Quelle glaubwürdig ist. Eine Aufgabe forderte zum Beispiel Mittelschüler_innen auf, zu erklären, warum sie nicht einem Artikel zur Finanzplanung vertrauen könnten, der von einem Bankvorstand verfasst war und von einer Bank gesponsert wurde. Dabei stellte sich heraus, dass für viele der Befragten weder die Autorenschaft noch das Sponsoring ein Hauptgrund für die Unglaubwürdigkeit eines Artikels darstellte. Ähnlich verhielt es sich mit einer Aufgabe, die die Befragten aufforderte, klassische Werbung (mit einem Gutscheincode) von einer Nachricht zu unterscheiden. Dies gelang ihnen noch sehr gut, aber bei einem Artikel, der mit den Worten "gesponserte Inhalte" gekennzeichnet war, glaubten 80 Prozent, dass es sich um eine reale Nachricht handelte.
*Gefälschte Facebook-Konten sogar als vertrauenswürdiger eingestuft*
Bei Student_innen der High-School testeten die Forscher_innen, ob sie sich mit blauen Häkchen bei Twitter und Facebook auskennen, mit deren Hilfe ein Konto als legitim verifiziert wird. Dazu sollten sie zwei Facebook-Beiträge zu Donald Trumps Präsidentschafts-Kandidatur bewerten. Einer stammte aus dem verifizierten Fox News-Konto und der andere stammte von einem Konto, das nur wie Fox News aussah. Nur ein Viertel der Student_innen erkannte das blaue Häkchen und wusste um seine Bedeutung. Über 30 Prozent argumentierten sogar, dass das gefälschte Konto vertrauenswürdiger sei, weil es einige wichtige grafische Elemente enthalte.
"Das zeigt, dass die Schüler_innen sich mehr auf den Inhalt von Social-Media-Posts konzentrieren als auf ihre Quellen", schreiben die Autoren. "Trotz ihres alltäglichen Umgangs mit Social Media, wissen viele nicht, was verifizierte digitale Informationen sind." "In jedem Fall und auf jeder Ebene wurden wir vom Mangel an Vorbereitung der Schüler überrascht", so die Autoren nach der Auswertung der Ergebnisse.
Nun müsse die Forschung Pädagog_innen unterstützen, damit sie das Verständnis der Schüler_innen für die Problematik fördern können. Geplant seien die Entwicklung von Lehrplänen. Auch sollen Videos produziert werden, die die Tiefe des Problems zeigen und die Verbindung zwischen digitaler Alphabetisierung und informierter Staatsbürgerschaft demonstrieren.
"Wie aktuelle Schlagzeilen zeigen, ist diese Arbeit heute wichtiger denn je", so Wineburg. "In den kommenden Monaten freuen wir uns darauf, mit Pädagogen zusammenzuarbeiten, um Materialien zu erstellen, die jungen Menschen beim Navigieren im Meer der Desinformation helfen."