Nicht nur frauen-  auch menschenverachtend

Studie über die antifeministische Männerrechtsbewegung

Dass es Menschen gibt, die von Frauen- und Gleichstellungspolitik nicht viel halten, sind diejenigen, die sich dafür einsetzen, längst gewöhnt. Auch aggressive frauenfeindliche Kommentare, die flugs in Blogs und Online-Debatten auftauchen, sobald dort ein Artikel zum Thema Gleichstellung erscheint, kennen viele nur allzu gut. Meist sehen sich deren Verfasser als Opfer des Feminismus und klagen über die Benachteiligung der Männer durch die Frauenförderung. Eine neue Studie der Heinrich-Böll-Stiftung mit dem Titel "Die antifeministische Männerrechtsbewegung. Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung" hat nun diese immer stärker werdende Gruppe unter die Lupe genommen und sich ihre Argumentationen und ihre Vernetzungen untereinander genauer angeschaut.

*Was sind AntifeministInnen?*
AntifeministInnen bezeichnen sich als MännerrechtlerInnen, die sich gegen Frauen- und Gleichstellungspolitik, Gender Mainstreaming und Feminismus auflehnen. Der Autor Hinrich Rosenbrock beschreibt ihre Ziele so: "Es geht den Akteuren – und das sind nicht nur Männer - um die Stärkung oder zumindest den Erhalt männlicher Vorrechte und das Zurückdrängen feministischer Argumentationen bzw. Institutionen. Dies gipfelt teilweise in Vernichtungsphantasien gegen den Feminismus und auch gegen einzelne feministische Personen."

Antifeministische Männer und Frauen machen immer stärker auf sich aufmerksam, besonders im Internet. Inzwischen gibt es sogar laut Rosenbrock mehrere Strömungen. Eine davon vertritt eine Mischung von (Rechts-)Populismus, Nationalismus und Frauenfeindlichkeit, die auch schwulen-/lesbenfeindliche und rassistische Einstellungen enthält. Die AnhängerInnen rufen zu "Kreuzzügen" und "Aufständen" gegen den Feminismus auf und appellieren so an eine kriegerische Männlichkeit. Auch der norwegische Attentäter Ander Behring Breivik zählt zu den Anhängern des Antifeminismus. Er spricht von einer «Feminisierung der europäischen Kultur» und dem «radikal-feministischen Angriff auf unsere Werte». Antifeminismus reicht also bis in die extreme Rechte hinein. Eine andere Strömung richtet sich besonders gegen staatliche Gleichstellungspolitik und bewertet sie als staatliche Bevormundung. Besonders Extreme wollen sogar am liebsten das Frauenwahlrecht abschaffen und wieder ein alles bestimmendes männliches Familienoberhaupt einführen.

*Die Sprache des Hasses*
Die Sprache der AntifeministInnen ist eine Hasspropaganda («hate speech»). Für sie sind feministische Positionen nichts anderes als purer Männerhass und deshalb müsse man gegen "Frauenherrschaft" und den "Niedergang des Volkes" kämpfen. Männer, die Gleichstellungspolitik befürworten, werden von ihnen abwertend "Lila Pudel" (lila ist die Farbe des Feminismus) genannt. Ihre Hasspropaganda richtet sich besonders gegen Einzelpersonen; sie beleidigen sie, stellen sie an einen virtuellen Pranger, diffamieren sie gegenüber ihren ArbeitgeberInnen, und manchmal versuchen sie ihre GegnerInnen sogar mit Vergewaltigungs- oder Morddrohungen einzuschüchtern. Es gab auch den Fall, dass die Adresse eines Frauenhauses für misshandelte Frauen veröffentlicht wurde, was insofern schlimme Folgen für die Bewohnerinnen haben kann, weil sie sich dort nicht mehr geschützt fühlen können. Typische antifeministische Propaganda arbeitet oft mit unwahren Behauptungen wie zum Beispiel der, dass Vergewaltigungsklagen meist auf falschen Beschuldigungen basierten. Für AntifeministInnen sind nicht die Frauen, sondern die Männer heute Opfer. Sie seien es in Wirklichkeit, die benachteiligt sind und um die man sich kümmern müsse.

*Beleidigungen, Hetze und Drohungen in Internetforen*
Bis jetzt handelt es sich bei der antifeministischen Männerrechtsszene laut Einschätzung von Hinrich Rosenbrock um eine relativ kleine Gruppierung, aber es gelinge ihnen immer wieder, sich in Geschlechterdebatten im Internet, z.B. in Online-Foren von Tageszeitungen, einzuschalten und ernsthafte und konstruktive Debatten zu behindern. Viele, die an echter Diskussion interessiert seien, würden daraufhin diese Foren angesichts des frauenfeindlichen und aggressiven Tons wieder verlassen. Daher richtet der Autor auch einen Appell an die Medien und Forenbetreiber: "Die Medien tragen die Verantwortung dafür, wenn ihre Foren als relativ rechtsfreie Räume wahrgenommen werden, in denen Beleidigungen, Hetze und Drohungen geäußert werden können." Sie sollten eine wesentlich stärkere redaktionelle Moderation und Kontrolle übernehmen, fordert Rosenbrock. Ein weiterer möglicher Schritt sei es, bei der Registrierung für ein Forum die Anmeldung mit Adresse zur Pflicht zu machen.

Antifeminismus geht die ganze Gesellschaft etwas an, denn da die Antifeministen nicht nur Frauen, sondern auch "Männer, die ihren Vorstellungen nicht entsprechen, ausgrenzen, sind sie zu großen Teilen nicht nur frauen- sondern auch männerfeindlich", so Rosenbrock.

Hintergrund

Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, stellt die Expertise in den Zusammenhang mit der Ende 2011 veröffentlichten Langzeitstudie "Deutsche Zustände" des Soziologen W. Heitmeyer: "Wir müssen damit rechnen, dass sich rechtsextreme Haltungen und eine 'Ideologie der Ungleichwertigkeit' weiter ausbreiten. Das bedroht die demokratische Basis und spielt vor allem dem Rechtspopulismus in die Hände. Ein Grund ist eine wachsende sozioökonomische Verunsicherung, die auch traditionelle Männlichkeitsbilder reanimiert. Hier sind Aufklärung und Information unabdingbar. Unsere Expertise soll dazu beitragen.“

Die Expertise "Die antifeministische Männerrechtsbewegung. Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung" entstand im Auftrag des Gunda-Werner-Instituts in der Heinrich-Böll-Stiftung und der Landesstiftungen der Heinrich-Böll-Stiftung in NRW, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Erstellt wurde sie von Hinrich Rosenbrock, Lehrassistent an der Ruhr-Universität Bochum. Vorgestellt wurde sie am 20. Januar 2012.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 26. Januar 2012