Orpheo: Rapper sind Dichter und Denker
Coole Melodien, unbeschwerte Beats und lässige Vibes. Die Texte sind voller Metaphern und Reime, die ich so im deutschen Rap noch nie gehört habe, sagt Tatiana.
Was haben Orpheus, der Sänger und Dichter aus der griechischen Mythologie und Orpheo, ein junger deutscher Rapper aus Kiel gemeinsam? Offenbar die Lust am Dichten.
Orpheos erste EP „Du bist durch“, bestehend aus 6 Hip-hop/Rap-Tracks, erschien in 2016 bei Trust No One Records. Mit dessen Single „Mit dir ist jede Stadt New York“ landete er in den Viral Charts auf Spotify. Jetzt will er mit seiner zweiten und neuen EP „Rapper sind Dichter und Denker“, die dieses Jahr im Januar bei Motor Entertainment Gmbh erschienen ist, weiter begeistern.
Auf dem Cover der CD sieht man ihm mit einer großen weißen Feder in der Hand vor einer grauen Mauer, die mit Wörtern bemalt ist. Die Platte an sich ist schwarz und mit weißen Buchstaben bedruckt.
Die erste von den fünf Singles auf diesem Album - passend zum Titel dieser EP - regt schon mal zum Nachdenken an, wenn man sie hört. Sie heißt „Sturm“ und featured Joe Wells. Sie hat eine schöne akustische Gitarre und ein klares Klavier im Refrain. Darin verarbeitet Orpheo offensichtlich drei turbulente Monate seines Lebens.
„Kintsukuroi“ (eigentlich eine japanische Methode mit der man Keramik repariert) erzählt die Geschichte eines Paars, das wie eine Vase zerbricht, es doch dann wieder schafft, sich zusammenzukleben - wie Kintsukuroi eben. Es ist elektronischer geprägt als die anderen Lieder auf der Platte und auch etwas monotoner. Dieses Lied hat es nicht geschafft, mich wie die anderen auf Anhieb zu packen. Ich finde es bis zum Schluss, wo sehr schöne Streichelemente auftauchen, leider etwas langweilig.
Die dritte Single „Wimpern“ beeindruckt mit einem Text, wo es heißt „Ich reiße mir die Wimpern aus, weil ich ein paar Wünsche brauch“. Das in Kombination mit einer poppigen Melodie, die an „Lila Wolken“ von Materia und Miss Platnum erinnert, garantiert Gänsehaut. Der mitwirkende Sänger auf dieser Single heißt Voer.
Mein Favorit „Pyromanin“ ist ein absoluter Gute-Laune-Song. Er ist lässig und hat eine funkige Gitarre, so wie sie auch ein Lied von Daft Punk haben könnte. Der Text ist sehr ironisch und handelt über das Leben eines Instagram Models. Für dieses Lied hat Orpheo übrigens ein sehr witziges Musikvideo mit Youtuberin Cindy Jane gedreht, indem sogar ein Batmobil zu sehen ist.
Der letzte Song heißt „Over and Over“ und featured die koreanische Rapperin E.Luni. Er kombiniert ihren koreanischen Gesang und Rap mit dem deutschen Rap von Orpheo. Am Anfang hat mich dieser Mix irritiert, und ich war mir unsicher, ob der Track mir überhaupt gefallen kann. Als ich mich jedoch darauf einließ und den Song zu Ende gehört hatte, fand ich, dass gerade das diesen Song stark und einzigartig macht. Er ist total locker und lässig, hat einen coolen Beat, viele hohe Töne und einen Chor im Hintergrund.
Er handelt von Orpheos Karriere, darüber wie die Zeit rast und wie er lieber nach vorne schaut, weil dort Licht ist und die Vergangenheit eher dunkel war.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass dieses Album von Orpheo tatsächlich was von Dichtung hat und zum Nachdenken anregt. Sein Rap hat keinen aggressiven Ton oder Charakter, sondern coole Melodien, unbeschwerte Beats und lässige Vibes. Die Texte sind voller Metaphern und Reime, die ich so im deutschen Rap noch nie gehört habe. Sehr gut gefallen hat mir auch, dass auf dem Album nicht nur eine Art von Songs drauf sind - alle traurig oder fröhlich-, sondern, dass es von allem was hat.
„Rapper sind Dichter und Denker“ hat mir im Ganzen sehr gut gefallen und ist für mich eine Platte, die ich mir nach einem langem Tag zum Entspannen und Runterkommen in Wiederholschleife anhören werde.
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Autorin / Autor: Taiana - Stand: 29. April 2019