Runder Geburtstag: Das Grundgesetz wird 70
Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Aber warum eigentlich Grundgesetz und nicht deutsche Verfassung? Und was steht da überhaupt so drin?
Dreh- und Angelpunkt des am 23. Mai 1949 verkündeten Grundgesetzes ist die Menschenwürde: Direkt im ersten Artikel ist deren Unantastbarkeit festgehalten. Und auch ansonsten sind im Grundgesetz nicht einfach irgendwelche Regeln für deutsche Staatsbürger_innen aufgeschrieben worden, sondern Grund- und Menschenrechte, auf denen die deutsche Demokratie und das Rechtssystem bis heute aufbauen.
*Wie ist das Grundgesetz entstanden?*
Zwischen 1948 und 1949 tagten die 65 Mitglieder des parlamentarischen Rats in Bonn. Dieser diskutierte über den Inhalt, Wortlaut und die Rechtsgrundlagen, auf denen das Grundgesetz (auch GG genannt) bis heute fußt. Da in Bonn viele verschiedene Parteien mit unterschiedlicher Agenda zusammen kamen, blieb die eine oder andere inhaltliche Auseinandersetzung (auch zum Thema Gleichberechtigung) nicht aus.
Dass die Gleichberechtigung von Frauen und Männern dennoch wörtlich in unserer Verfassung festgehalten ist, haben wir vor allem Elisabeth Selbert, einer von nur vier Frauen im parlamentarischen Rat, zu verdanken.
Apropos: Das Wörtchen „Verfassung" wurde ganz bewusst nicht verwendet, ursprünglich sollte es sich bei dem Grundgesetz nämlich nur um eine Übergangslösung handeln. Durch eine westdeutsche Verfassung, so die Sorge, könnte die Chance auf eine möglichst schnelle Rückkehr zu einer deutschen Einheit geschmälert werden. Bei der Wiedervereinigung wurde das Grundgesetz dann aber doch als gesamtdeutsche Verfassung übernommen und hält sich seitdem wacker. Mehr noch: Bis heute bilden die im Grundgesetz festgehaltenen Artikel die Grund- und Menschenrechte, die in Deutschland gelten.
*Und was steht drin?*
Auch im Jahr 2019 ist das Grundgesetz noch ziemlich aktuell. Das liegt unter anderem daran, dass es bei Bedarf immer wieder überarbeitet wurde und nicht gegen Veränderungen gesperrt ist. Außerdem sind die im Grundgesetz festgeschriebenen Rechte nicht austauschbar. Vielmehr sind es Grundrechte, die für alle Menschen gelten sollen.
Am bekanntesten dürfte der Artikel 1 des Grundgesetzes sein, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Außerdem sind im Grundgesetz noch weitere Rechte festgeschrieben, die unser tägliches friedliches Miteinander bestimmen und ermöglichen sollen - Grundrechte eben. Es geht unter anderem um Religions-, Versammlungs- und Pressefreiheit, um das Recht auf persönliche Entfaltung und freie Meinungsäußerung. Das alles sind Artikel, die bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben. Ebensowenig wie der Artikel 3, in dem es um das Thema Gleichberechtigung geht. Wer daran zweifelt, muss sich nur mal die Zahlen der Europäischen Kommission zum sogenannten Gender Pay Gap angucken: Gender Pay Gap. Vielleicht sollte man diesen Artikel sogar lieber noch etwas häufiger betonen. ;-)
*Und wie weiter?*
Mit neueren Themen, wie Rechten und Pflichten rund um das Thema Digitalisierung, hat das Grundgesetz zwar weniger am Hut, aber Grundrechte wie die Würde des Menschen, die Gleichheit aller Geschlechter oder die Presse- oder Versammlungsfreiheit sind ja (hoffentlich) auch in Zukunft wichtige Themen. Als Sammlung dieser Grundrechte kann das Grundgesetz also eigentlich ganz entspannt seinem nächsten runden Geburtstag entgegensehen. Einzig ein Ausbau der europäischen Charta der Grundrechte zu einer Verfassung könnte dem Grundgesetz Konkurrenz machen. Ob es soweit kommt, sehen wir dann nach dem 26. Mai 2019.
Autorin / Autor: Karla - Stand: 23. Mai 2019