Selbstentwertung im Team
Studie: Frauen unterschätzen ihre Arbeit in gemischten Gruppen
Teamwork ist toll, kann aber auch ganz schön anstrengend sein. Besonders für Frauen scheint sie nochmal eine ganz besondere Herausforderung bereitzuhalten, nämlich die der Selbsteinschätzung und des Selbstwertgefühls. Eine neue Studie der University of Massachusetts zeigt jetzt auf, dass Frauen bei einem Gruppenerfolg in einem gemischten Team ihre eigenen Beiträge schlechter bewerten als die der Männer. In gleichgeschlechtlichen Gruppen nur unter Frauen passiert ihnen das hingegen nicht. Damit deckt die Studie einen weiteren Grund auf, warum Frauen in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert sind.
Michelle Haynes von der University of Massachusetts hatte untersucht, wie Menschen Männer und Frauen bewerten, die zusammen arbeiten. Ihr Interesse an dem Thema war durch eigene Erfahrung entstanden: Nachdem sie ein absolut lobendes Gruppenfeedback für eine Konferenz-Vorlage gelesen hatte, die sie selbst als Co-Autorin mitverfasst hatte, war ihr erster Gedanke: "Wow, die anderen Co-Autoren müssen wirklich etwas erstaunliches geschrieben haben, dass wir diese Art von Feedback bekommen!". Schlagartig wurde ihr klar, ihren eigenen Beitrag zum Gruppen-Produkt hatte sie übersehen.
Zusammen mit ihren KollegInnen entwarf sie dann ein Experiment, um herauszufinden, wie Frauen ihre eigenen Beiträge zu einer Gruppenarbeit bewerten, besonders wenn sie mit Männern an einer Aufgabe arbeiteten, die als typisch männlich gilt. In einer Reihe von vier Experimenten bat Haynes´ Team die Teilnehmer, virtuell mit einer anderen Person an Aufgaben zu arbeiten, die traditionell als männlich gelten - als Geschäftsführer einer Investmentgesellschaft; in Wirklichkeit gab es aber gar keinen anderen Mitspieler. Unter verschiedenen Bedingungen erhielten "sie" anschließend Feedback über ihre Team-Leistung.
Waren die Reaktionen der Gruppe positiv, vergaben die weiblichen Teilnehmer mehr Punkte an ihre männlichen Teamkollegen und als an sich selbst. Außer, wenn ihre Aufgabe im gemischten Team klar definiert war, konnten sie sich selbst Erfolgspunkte geben.
Anders verhielt es sich hingegen, wenn ihre Teamkollegen weiblich waren. "Diese Beobachtung ist wichtig, weil wir immer glauben, dass das Verhalten mit einer allgemeinen weiblichen Bescheidenheit in Gruppen zu tun hat", sagt Haynes. Viel wichtiger als das sei aber, welchen Einfluss die Erwartungen der Frauen an sich selbst und diejenigen, mit denen sie zusammenarbeiten hätten. Das Geschlecht spiele nach wie vor eine große Rolle bei der Einschätzung von Leistung.
Diese Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zur Forschung über den Einfluss von Stereotypen auf Frauen in der Arbeitswelt. Frühere Arbeiten in diesem Bereich hatten zum Beispiel aufgezeigt, dass der gleiche Lebenslauf günstiger bewertet wird, wenn er einem männlichen Namen zugeordnet wird. Andere Forschungsergebnisse hatten aber auch aufgedeckt, dass die Erfahrungen regelmäßiger außergewöhnlicher Leistungen den Einfluss stereotyper Leistungsbewertungen von Frauen senken können.
"Unsere Arbeit konzentriert sich aber auf Gruppenergebnisse, nicht auf einen individuellen Beitrag", erklärt Haynes. "Was wir herausgefunden haben, ist, dass Ergebnisse und Leistungen - egal wie außergewöhnlich sie auch sein mögen - oft nicht ausreichen, um stereotype Vorstellungen zu übertrumpfen, vor allem dann nicht, wenn die Art des individuellen Beitrags unklar ist."
Dies sei einer von vielen Faktoren, die Frauen am Erfolg und beruflichen Fortkommen behindern könnten. Wenn Frauen ihre eigenen Beiträge ungünstiger bewerten als die ihrer männlichen Kollegen, habe es höchst wahrscheinlich auch Auswirkungen darauf, wie Frauen ihre Leistungsfähigkeit bei der Arbeit sehen und wie sie sich im Wettbewerb einordnen.
Höchste Zeit, dass wir uns mehr zutrauen ;-).
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 10. Mai 2013