Sie mussten nach links gehen

Autorin: Monica Hesse
Aus dem Amerikanischen von Cornelia Stoll

Der historische Roman „Sie mussten nach links gehen“, geschrieben von Monica Hesse und erstmals erschienen im Herbst diesen Jahres, erzählt die ergreifende Geschichte einer Überlebenden des Holocausts. Zofia wurde im Jahre 1945 aus dem Konzentrationslager Groß-Rosen befreit und schafft es mit Hilfe eines russischen Soldaten in ihre Heimatstadt nach Polen zurückzukehren, mit nur einem einzigen Ziel: Sie will ihren Bruder Abek finden. Doch auch in Sosnowiec haben die Menschen den Krieg zu spüren bekommen und Zofia muss bald einsehen, dass sie ihren Bruder dort nicht finden wird. Durch einen glücklichen Zufall erfährt sie von einem Lager in Föhrenwald, wo ihr Bruder möglicherweise sein könnte. Von Angst und Schuld getrieben begibt sie sich auf den Weg. Unwissend, was sie dort erwarten könnte und wie unvorhergesehen Wunder geschehen und Heilung passieren kann.

*Meine Meinung*
Monica Hesse hat ein wunderbares Auge fürs Detail und verknüpft Anfang und Ende nahtlos miteinander, sodass zum Schluss ein richtiger Aha Moment entsteht. Obwohl ich zu Beginn von dem Titelbild des Romans etwas verwirrt war, weil es mich etwas an die Ken Follet Bücher erinnerte und mir für die Thematik etwas unpassend erschien, habe ich mich trotzdem schnell in die Geschichte und die mit ihr verbundenen Charaktere verliebt. Beeindruckend ist für mich persönlich, ohne zu viel vorweggreifen zu wollen, wie die Autorin es schafft, die verwirrten Gedanken der Protagonistin verständlich und für den Leser logisch zu verknüpfen und durch Einschübe immer mehr von ihrer tragischen Lebensgeschichte zu offenbaren. Wie Monica Hesse selbst im Nachtrag ihres Romanes schreibt, gibt es viele Autor_innen, die über den Krieg und die schrecklichen Verbrechen, die währenddessen begangen worden sind schreiben, um dann ihr Ende in dem Ende des Krieges und der damit verbundenen Erleichterung zu finden. Allerdings gibt es nicht sonderlich viele, die sich mit dem danach, also dem Posttrauma, wenn man so will, beschäftigen. Wo sind die Menschen aus den Konzentrationslagern hingegangen? Wie konnten sie mit den Erinnerungen und Verlusten leben? Wie und wo kann Heilung beginnen?
All das Grauen, aber auch die glaubhaft eingestreuten Hoffnungsschimmer lassen einen zutiefst dankbar sein für das privilegierte Leben, das wir haben und führt einem gleichzeitigen nochmal die tiefgreifenden Auswirkungen vor Augen, die wir niemals vergessen dürfen.  Ein berührender Roman, den ich sehr empfehlen kann.


*Erschienen bei cbj*

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Autorin / Autor: Lilly - Stand: 9. Dezember 2020