SlutWalks - eine neue Frauenbewegung
Mit Minirock und High-Heels gegen uralte Klischees
Als Anfang des Jahres ein kanadischer Polizist in Toronto einer Gruppe Jura-StudentInnen den "Rat" erteilte, Frauen sollten sich nicht "als Schlampe kleiden, um nicht Opfer von sexueller Gewalt zu werden“, hatte er wahrscheinlich keine Ahnung, was er damit auslösen würde. Um ihrer Empörung Luft zu machen, gingen schon wenige Wochen später die ersten 2000 DemonstrantInnen in Toronto auf die Straße. Und zwar nicht in der vom Polizisten empfohlenen "Schutzkleidung", sondern in Netzstrümpfen, Miniröcken, auf High Heels oder sogar nur in Unterwäsche. Ihr Motto: Wir kleiden uns, wie wir wollen und lassen uns nicht länger die Schuld dafür in die Schuhe schieben, wenn wir belästigt oder vergewaltigt werden. Der erste SlutWalk (zu deutsch: “Schlampenmarsch”) war geboren. Auf den Bannern, die sie mit sich trugen, war zu lesen "Slut Pride", "Proud Slut" oder "We're taking slut back" (Wir nehmen uns den Begriff "Schlampe" zurück in Anlehnung an den Slogan der früheren Frauenbewegung "Wir nehmen uns die Nacht zurück"). Die Aktion machte schnell die Runde, nach den kanadischen und amerikanischen SlutWalks folgten bald auch die ersten Städte in Europa. Nun scheint die Bewegung auch in Deutschland angekommen zu sein. Auf Facebook formieren sich schon die ersten Gruppen, die in ihrer Stadt einen SlutWalk organisieren.
Was wollen die Frauen?
SlutwalkerInnen sind Frauen und mit ihnen sympathisierende Männer, die gegen das hartnäckigste aller frauenfeindlichen Vorurteile protestieren, nämlich, dass Opfer von Vergewaltigungen an der Tat ja doch immer irgendwie selbst schuld seien. Durch ihr zu aufreizendes Verhalten, ihre (zu) sexy Kleidung oder ihre Unvorsicht (betrunken, allein unterwegs etc.). Eine Vergewaltigung hat aber nichts damit zu tun, wie eine Frau aussieht oder was sie anhat. Es ist nicht nur ein Mythos, dass vor allem aufreizend gekleidete Frauen vergewaltigt werden, mit diesen Vergewaltigungsentschuldigungen und -erklärungsversuchen werden Frauen immer wieder in die Rechtfertigungsposition gedrängt und hält viele davon ab, zur Polizei zu gehen, wenn sie Opfer eines Übergriffs wurden.
Vielen der DemonstrantInnen geht es aber nicht nur darum, sich gegen diese Klischees zur Wehr zu setzen, sondern auch um das Zurückerobern des Begriffs "Schlampe", mit dem alle Mädchen und Frauen, die sich nicht rollenkonform verhalten, beschimpft und entwürdigt werden. Indem sie den frauenverachtenden Begriff für sich benutzen, wollen sie, ähnlich wie die Black Community mit dem Begriff "nigger" oder die Homosexuellen-Bewegung mit dem Wort "schwul", die Negativbedeutung zerstören und daraus einen kämpferischen Begriff machen, der die Bewegung stärkt.
In Flugbättern und Demoaufrufen ist zu lesen, was die DemonstrantInnen fordern: "Wir wollen, dass die Polizei uns achtet und schützt. Wir wollen uns darauf verlassen können, dass die Institution, der wir unsere Sicherheit anvertrauen, wirklich versteht, was es heißt, eine Überlebende sexueller Gewalt zu sein - ob Schlampe oder nicht. Opfer sexueller Gewalt tragen keine Schuld!"
*Was tun die Männer bei den SlutWalks*
Im Vergleich zu früheren feministischen Bewegungen, werden hier übrigens auch Männer explizit aufgerufen, mit zu demonstrieren, was sie auch -zumindest in Teilen- tun. Warum sie sich solidarisieren, erklärt ein Artikel auf der Seite goodmenproject.com: "Was ich auch als Vater will, ist, dass meine Tochter in einer Welt lebt, wo sie frei im Körper einer Frau sein und ihre Sexualität in Geborgenheit und Freude ausdrücken kann, ohne Scham. Ich möchte, dass meine Tochter in einer Welt aufwachsen kann, in der alle Menschen sicher, verantwortungsbewusst und verantwortungsvoll leben. Noch gibt es sie nicht, aber das hat nichts mit Biologie zu tun. Es liegt eher daran, dass wir Menschen zu wenig dafür tun, Lust und Menschlichkeit in Einklang zu bringen. Um die Welt für unsere Töchter, Schwestern und Nichten sicherer zu machen, müssen wir Männer uns selbst mehr hinterfragen, besonders unser Denken über Sex, Lust und Respekt. Diese Herausforderung ist Teil dessen, worum es bei SlutWalk geht."