Sommerregen aus Eiswolken

Leipziger Meteorologen erklären, wo unser Regen herkommt

Eigentlich kann man sich in diesem Jahr nun wirklich nicht über den Sommer in Deutschland aufregen: Es gab Sonne satt und ab und zu ein kühlendes Gewitter. Allerdings: Die Regenfälle, die so mancherorts niederprasselten, hatten es in sich - sowohl bezüglich der Menge als auch ihrer Konsistenz, denn nicht selten kamen Tennisball große Hagelkörner herunter. Meteorologen der Universität Leipzig haben nun auch eine Erklärung dafür; sie belegen in einer neuen Studie, dass sich der Großteil unseres Regens an Land in sogenannten Eiswolken bildet.

Schon Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der USA und Erfinder des Blitzableiters, nahm bereits Ende des 18. Jahrhunderts an, dass Regentropfen sogar an heißen Sommertagen aus Eiskristallen entstehen, die in mehreren Kilometern Höhe gebildet werden. Heute, mehr als 230 Jahre später konnten die Wissenschaftler vom Institut für Meteorologie an der Uni Leipzig mit Hilfe neuer Satellitenbeobachtungen Franklins Vermutung mengenmäßig erfassen. Außerhalb der Tropen fallen an Land tatsächlich 99 Prozent des Regens aus Eiswolken.

Zwar wusste man schon, dass der meiste Regen nicht aus Flüssigwasserwolken stammt (diese liegen in tiefer gelegenen Atmosphärenbereichen und bestehen aus Wassertröpfchen in flüssiger statt in fester Form), "dennoch sind wir über den sehr hohen Prozentsatz erstaunt, den Eiswolken übernehmen", so Dr. Johannes Mülmenstädt, der Hauptautor der Studie. "Unsere Erkenntnisse könnten nun helfen, die Rolle des Menschen besser zu verstehen, die er bei der Entstehung von Regen spielt." Innerhalb der Studie hatten die Meteorologen die Daten dreier Satelliten der NASA ausgewertet, die über fünf Jahre hinweg über 50 Millionen Regenwolken vermessen haben.

*Kleine Exkursion zur Entstehung des Regens*
Wolken sind der Ausgangspunkt jedes Regens. Sie bilden sich, wenn Wasser durch die Sonne verdunstet und als feuchte Luft in der Erdatmosphäre aufsteigt. Dabei kühlt sich der Wasserdampf ab. Trifft er auf in der Atmosphäre schwebende, mikroskopisch kleine Partikel, sogenannte Kondensationskeime, so kann daran das Wasser zu Tröpfchen kondensieren. Nach und nach sammelt sich mehr Wasser an, sodass sie zu Regentropfen heranwachsen - bis sie irgendwann nicht mehr von den Aufwinden der Luft gehalten werden können und zu Boden fallen.

Dieser "warme Regen", also Regen, der sich in Wolken mit Flüssigwasser bildet, ist in den Tropen besonders häufig, vor allem über den Ozeanen. An Land der mittleren Breiten spielt diese Regenform eine nicht so große Rolle. Hier steigt das Wasser weiter in größere, kältere Höhen auf und gefriert zu Eiskristallen. Auch sie werden irgendwann so schwer, dass sie aus den Eiswolken herausfallen und auf dem Weg nach unten wieder flüssig werden, um sich in heftigen Regenfällen zu ergießen.

*Verkehrsemissionen vermehren möglicherweise Eiswolken*
"Dass es an Land deutlich weniger und dafür umso heftiger regnet als über dem Meer, ist vor allem den Eiswolken als unseren Hauptregenmachern geschuldet", erklärt Mülmenstädt. Möglicher Grund dafür seien wiederum die menschengemachten Emissionen aus Verkehr und Industrie. Dadurch enthalte die Luft über dem Land zum Teil hundert- bis zweihundertmal mehr Schwebepartikel, was dazu führe, dass sich hier deutlich mehr Eiswolken bilden als auf offener See - möglicherweise mit steigender Tendenz, so die Forscher.

Enthält die Atmosphäre wenige solcher Schwebepartikel, kondensiert das Wasser an nur wenigen Sammelstellen, sodass die Tropfen schnell schwer werden und ausregnen, häufig als Nieselregen. Stehen jedoch viele Schwebeteilchen zur Kondensation zur Verfügung, bilden sich mehr und dafür kleinere Tropfen, die weiter in größere Höhen aufsteigen können und zu Eiskristallen gefrieren. "Weil sich eine Eiswolke langsamer bildet, regnet es aus ihr zwar seltener, dafür aber dann umso stärker."

Die Forscher hoffen, dass die Erkenntnisse helfen können, die Rolle menschengemachter Emissionen in der Atmosphäre für die Entstehung von heftigen Regengüssen zu verstehen und die bisherigen Wetter- und Klimaprognosen zu verbessern: "Bisher sagten die Modelle wesentlich häufigere, jedoch schwächere Regengüsse voraus, als letztlich auftraten, weil man die Rolle der Eiswolken unterschätzte", so Mülmenstädt. "Wenn wir nun wissen, dass sie außerhalb der Tropen die wahren Regenmacher sind, lassen sich unsere Vorhersagen deutlich präzisieren."

Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler gerade im renommierten Fachjournal "Geophysical Research Letters" veröffentlicht.

Quelle

Stichworte

Regen und Luftverschmutzung

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 27. Juli 2015