Spinster Girls – Was ist schon typisch Mädchen? ist der zweite Teil der Buchreihe Spinster Girls (Originaltitel: What’s A Girl Gotta Do?“) von Holly Bourne und erschien im Original im Jahr 2016, in Deutschland 2018. Ein etwas anderes Jugendbuch mit einem ernsten und wichtigen Thema, das sich jedoch nicht ganz einfach liest.
Protagonistin ist die siebzehnjährige Lottie. Sie strotzt nur so vor Selbstbewusstsein, ist intelligent, taff, sehr extrovertiert und furchtlos. Eines Tages muss sie allerdings die Erfahrung einer sexuellen Belästigung machen, die sie zutiefst erschüttert. Als Gründerin einer FemAG an ihrer Schule will sie das nicht auf sich sitzen lassen und beschließt, einen Monat lang lautstark auf jede Art von Sexismus aufmerksam zu machen, die ihr in ihrem täglichen Leben begegnet. Dabei bewirkt sie sehr viel, verliebt sich, stößt jedoch auch an ihre Grenzen und muss sich überdies der Frage stellen, wer sie selbst ist und wie sich ihr Aktivismus und ihre Zukunftspläne miteinander vereinbaren lassen.
Wie eingangs bereits erwähnt, wird in diesem Buch ein ernstes Thema adressiert: Feminismus, genauer gesagt das Ungleichgewicht zwischen Geschlechtern. Zugegeben, dies ist eine Angelegenheit, mit der ich mich zuvor kaum beschäftigt habe. Wenn ich an Feminismus dachte, war das wohl recht klischeebehaftet. Ich hatte kreischende, behaarte, oberkörperfreie Frauen vor Augen, die prinzipiell gegen alle Männer sind und sich dafür stark machen, dass es neben „der Kühlschrank“ auch „die Kühlschränkin“ gibt.
Überspitzt gesagt zumindest.
Diesen Eindruck hat Spinster Girls – Was ist schon typisch Mädchen? teilweise verändert. Während ich zwar einige Ansichten der Protagonistin immer noch recht überspitzt und kleinkariert und manche ihrer Methoden fragwürdig finde, so gehe ich doch mit vielem, was sie fordert, konform.
„Echte“ Feministinnen hassen keine Männer, sie wollen einfach nur Gleichberechtigung. Und das zu erreichen, fordert vielleicht manchmal drastische Maßnahmen. Sehr positiv aufgefallen ist mir auch, wie die Autorin die Charaktere beschreibt und ihre Handlungen anhand ihres Wesens begründet. Auch wenn man vielleicht nicht alles gut fand, was Lottie tut, so konnte man für den Moment doch meist nachvollziehen, was sie dazu bewegt. Auch ihren Mut fand ich sehr beeindruckend und habe mir ab und zu gewünscht, auch mal so mutig sein zu können.
Die Darstellung von Freundschaft war ebenfalls sehr schön. Man hatte stets das Gefühl, dass, egal was die Protagonistin Verrücktes anstellt, ihre „Spinster Girls“ immer da wären, um sie zu unterstützen, was in der heutigen Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich ist.
Leider hatte ich ansonsten so meine kleinen Schwierigkeiten beim Lesen. Nach einem eigentlich recht vielversprechenden Einstieg, bei dem direkt spannungsreich die Situation der sexuellen Belästigung geschildert wird, zeichnet das Buch vor allem eines aus: Dialoge. Viele, viele Dialoge. Sei es zwischen Lottie und ihren zwei besten Freundinnen, Lottie und ihren Eltern, Lottie und ihrem Schwarm Will, Lottie und den Mitgliedern ihrer FemAG… alles wird diskutiert. Für meinen Geschmack ein wenig zu viel Dialog. Natürlich, Lottie ist siebzehn und Mädchen in diesem Alter (und mit Lotties flippiger Persönlichkeit) haben meist viel zu besprechen. Manches war auch ganz amüsant.
Jedoch habe ich mich dabei ertappt, dass ich diese Flut an Wortwechseln irgendwann als ermüdend empfunden habe und mich des Öfteren davon abhalten musste, ganze Passagen zu überspringen. Das fand ich sehr schade, da ich die Grundthematik eigentlich prinzipiell interessant fand, mich die Dialoge aber irgendwann einfach nur noch genervt haben. Das machte es für mich leider schwierig, Interesse oder ein Gefühl von Spannung über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten. Es gibt ja Bücher, bei denen schon der Schreibstil des Autors allein einen an den Seiten kleben lässt. Für mich hat das hier leider nicht funktioniert.
Klar, es handelt sich um ein Jugendbuch und ist entsprechend in recht lockerem, teilweise sogar vulgärem Ton gehalten, doch das stört mich normalerweise nicht, obwohl ich streng genommen auch nicht mehr zu den „Jugendlichen“ zähle.
Es waren nur einfach zu viele Dialoge, die mich irgendwann phasenweise auch den Feminismus als solchen wieder ein wenig nervig finden ließen. Vielleicht wäre das kein so großes Problem gewesen, hätte ich mich vorher schon mehr mit dem Thema Feminismus und Geschlechtergleichheit auseinandergesetzt. Eventuell hätte ich dann richtig mit Lottie mitgefühlt, während des Lesens bekräftigend mit dem Kopf genickt und gesagt „Ja genau, richtig so!“, anstatt mich an den Dialogen zu stören. Eventuell aber auch nicht.
Allerdings kann ich mir durchaus vorstellen, dass das Buch jungen Mädchen oder auch Frauen, die ohnehin schon feministische Ambitionen haben, eine große Hilfe sein kann. Sei es, um Unterstützung und Bestätigung zu finden, für sich selbst und andere einzustehen oder herauszufinden, wer man ist und was man will.
Natürlich habe ich auch etwas gelernt und würde das Buch daher auch Jungen oder Männern empfehlen, die sich für das Thema interessieren, allein schon, um die Welt einmal aus der Sicht einer jungen Feministin – oder einfach einer jungen Frau – zu sehen.
Abschließend sei also zu sagen: Spinster Girls - Was ist schon typisch Mädchen? hat eine wichtige Botschaft und klärt gekonnt darüber auf, was Feminismus will und was nicht, aber thematisiert andersherum auch, dass es manchmal nicht ganz leicht ist, zu unterscheiden, wo Feminismus aufhört und Diskriminierung (von z.B. Männern) anfängt. Man begegnet starken, interessanten Charakteren und Freundschaft spielt eine große Rolle.
Das Buch kann durchaus von jedem gelesen werden, der sich grundsätzlich für das Thema Feminismus aus Sicht einer Siebzehnjährigen interessiert. Da es aber ein Jugendbuch ist, wird es (auch aufgrund des Sprachstils) vermutlich eher junge Leute ansprechen.
Kritisch werden könnte es für die, die ohnehin schon „genervt“ von Feminismus oder nicht wirklich offen dafür sind oder die eben nicht andauernd nur Gespräche von Jugendlichen lesen wollen – hier könnte das Buch vielleicht eher einen (zusätzlichen) Negativeffekt haben. Denn trotz seiner Eindringlichkeit hat es das Buch nicht wirklich geschafft, dass sich in mir ein echter Aktivismus geregt hat, auch aufgrund der endlosen Diskussionen, die schnell ermüdend wurden.
Nachdenklich gestimmt hat es mich aber in manchen Punkten schon. Und das ist ja vielleicht schon mal ein Anfang.
*Erschienen bei dtv*
Autorin / Autor: Sarah - Stand: 12. Februar 2019