Strahlenschutzvorkehrungen in Deutschland nicht nötig
BfS: Nationale und Internationale Messsysteme überwachen Radioaktivität in der Umwelt
"Kann von den Atomunfällen in japanischen Atomkraftwerken auch eine Gefahr für Deutschland ausgehen? Und wie erfahren wir, ob sich eine radioaktive Wolke auf Deutschland zu bewegt?" Diese Fragen stellen sich zurzeit viele Menschen, die die Ereignisse in Japan verfolgen.
Laut dem Bundesamt für Strahlenschutz droht den Menschen in Deutschland derzeit keine Gefahr. Aufgrund der Bauart der betroffenen Reaktoren, des bisherigen Schadensverlaufs und der großen Entfernung zu Japan seien in Deutschland nach den bisher vorliegenden Kenntnissen keine besonderen Strahlenschutzvorkehrungen erforderlich. Es wird zwar davon ausgegangen, dass auch in Deutschland mit empfindlicher Messtechnik erhöhte Radioaktivität in der Atmosphäre festgestellt werden könne, die zu erwartenden Messwerte werden jedoch keine gesundheitsbedenkliche Größe erreichen, wie es in der Presseerklärung des Bundesamtes für Strahlenschutz heißt.
Die Ausbreitung von Radioaktivität infolge der atomaren Unfälle in Japan könne unter anderem durch ein weltweites Netz von etwa 80 Messstationen verfolgt werden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betreibt auf dem Schauinsland in Freiburg die Messstation für Mitteleuropa in einem internationalen Netzwerk unter Regie der UN. Durch diese internationale Vernetzung kann verfolgt und prognostiziert werden, wohin sich die freigesetzte Radioaktivität bewegt, lange bevor sie bei uns in Deutschland eintrifft.
Das BfS unterhält somit ein Frühwarnsystem für Radioaktivität in Deutschland, das kontinuierlich mit hochempfindlichen Systemen die Radioaktivität in der Luft überwacht. Die in Freiburg installierten automatischen Messsysteme können geringste Konzentrationen schwebstoffgebundener Radioaktivität nachweisen sowie radioaktive Edelgase. Die Daten werden über Satellitenverbindung alle zwei Stunden an das internationale Datenzentrum der UN geschickt.
Bundesweites Messnetz
Bundesweit unterhält das BfS darüber hinaus ein umfassendes Messnetz mit etwa 1.800 Messsonden, das kontinuierlich die äußere Strahlenbelastung misst. Die Messdaten sind auf www.bfs.de abrufbar. Dieses sogenannte Integrierte Mess- und Informationssystem (IMIS) hat das BfS nach den Erfahrungen des Reaktorunfalls von Tschernobyl 1986 eingerichtet. Aufgabe von IMIS ist es, die Umwelt kontinuierlich zu überwachen. So können bereits geringfügige Änderungen der Umweltradioaktivität flächendeckend schnell und zuverlässig erkannt werden.
Durch die verschiedenen Messsysteme kann das BfS im Falle eines nuklearen Notfalls in Deutschland bis zu 72 Stunden vorher sagen, wie sich eine radioaktive Wolke ausbreitet und welche Strahlenbelastung für Menschen und Umwelt in Deutschland daraus resultieren. Auf der Basis von Wetter- und Freisetzungsprognosen wird dann bei einem Reaktorunfall berechnet, welche Gebiete betroffen sind und wie die zu erwartende Strahlenbelastung der Menschen in den betroffenen Gebieten aussieht.
Die für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden von Bund und Ländern können dann schnell entscheiden, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Bevölkerung vor den schädlichen Auswirkungen von Radioaktivität zu schützen.
Die äußere Strahlenbelastung (=ODL = Ortsdosisleistung) wird automatisch im 10 Minuten Takt an 1.800 Messstellen bundesweit gemessen. So kann die Ausbreitung der Verteilung radioaktiver Stoffe verfolgt werden. ´
Die Ermittlungen des BfS werden ergänzt durch weitere Messsysteme: Der Deutsche Wetterdienst misst an 52 Stationen die Radionuklidzusammensetzung und -konzentration in der Luft, womit sich die Strahlenbelastung durch Inhalation von Radionukliden gut abschätzen lässt. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde misst kontinuierlich die Radionuklidkonzentration in Flüssen, das Bundesamt für Seefahrt und Hydrografie in der Nord- und Ostsee.
Auch nach dem Durchzug einer radioaktiven Wolke würden die Messungen weiter verfolgt und könnten bei Bedarf um Informationen zur Belastung der Böden, Nahrungs- und Futtermittel ergänzt werden.
Atomangst: Deutsche kaufen Geigerzähler und Jodtabletten
Ungeachtet solcher Entwarnungen steigt in Deutschland die Nachfrage nach Geigerzählern und Jodtabletten. Gerätehersteller berichten von Ausverkäufen für die sonst eher selten gefragten und ziemlich teuren Geräte. Auch Jodtabletten liegen (unsinnigerweise) im Trend, obwohl die unnötige Einnahme von hohen Joddosen stark gesundheitsgefährdend ist. Experten warnen eindringlich vor der selbstverordneten Einnahme, da hierdurch schwerwiegende Schilddrüsenstörungen hervorgerufen werden können. Zudem seien die handelsüblichen Jodtabletten gar nicht geeignet, um den Körper im Fall der Fälle vor einer Anreicherung mit radioaktivem Jod zu schützen.
So besorgniserregend die Situation in Japan ist, in Deutschland ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einer gesundheitlichen Gefährdung auszugehen. Statt unnötig Geld in sinnlose Geigerzähler zu investieren, sollte unsere Aufmerksamkeit den wahren Opfern der Katastrophe gelten und denen, die sich nun verzweifelt bemühen, das Schlimmste noch abzuwenden.
Autorin / Autor: Pressemeldung/ Redaktion - Stand: 17. März 2011