Wisst ihr, welches der nach Schätzungen am meisten übersetzte Text ist? Nein - es ist nicht Harry Potter ;-) - sondern die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die aus 30 Artikeln bestehende Erklärung existiert inzwischen in mehr als 300 Sprachen, und wäre sie in ebenso vielen Ländern umgesetzt, könnten Waffenindustrien, Unrechtsregime und Gefängnisse, in denen politisch Verfolgte inhaftiert sind, eigentlich dicht machen. Leider handelt es sich bei dem Text aber nicht um eine verbindliche Rechtsquelle des Völkerrechts, sondern er stellt nur eine Resolution, also einen Forderungskatalog dar, den die Vereinten Nationen nach den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs aufgestellt haben, um solche menschenverachtenden Taten wie sie im Hitler-Deutschland geschehen waren, nie wieder auf der Welt zuzulassen. So heißt es in der Präambel auch: "da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, daß einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt, (...) verkündet die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal."
Heute, am 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte, an diesem Gedenktag wird alljährlich an die Entstehung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erinnert, die am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde.
Viele der dort formulierten Menschenrechte, wie zum Beispiel das Recht auf Würde und Freiheit, das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz - unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, das Recht auf Meinungsfreiheit oder auf Bildung haben Eingang gefunden in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. So beginnt es auch in Artikel 1 mit "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
Auch andere Länder in Europa setzen sich seit Jahrzehnten für die Einhaltung der Menschenrechte ein, weshalb die Europäische Union am heutigen Tag auch den Friedensnobelpreis, unter anderem für ihren "erfolgreichen Kampf für Menschenrechte" überreicht bekommt. Amnesty International zieht allerdings eine gemischte Bilanz der Menschenrechtspolitik der EU. "Die EU trägt zum Teil selbst zu Menschenrechtsverletzungen bei, etwa durch die EU-Flüchtlingspolitik", sagt Wolfgang Grenz, Generalsekretär vom Amnesty in Deutschland. "Außerdem bekämpft die EU Menschenrechtsverletzungen oft nicht entschieden genug, etwa die Diskriminierung von Roma in EU-Staaten."
Die EU müsse den Friedensnobelpreis als Verpflichtung für die Zukunft verstehen. Denn bisher werde sie auf dem Gebiet der Menschenrechte ihren eigenen Ansprüchen oft nicht gerecht. "Insbesondere ihre Asyl- und Flüchtlingspolitik ist eines Nobelpreisträgers nicht würdig", kritisiert Grenz. "Roma werden zum Beispiel in Tschechien, Ungarn und Rumänien, aber auch in Italien und Frankreich beim Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnraum und zum Arbeitsmarkt diskriminiert."
Auch in der Außenpolitik wirft Amnesty der EU mangelnde Konsequenz vor. "Für die Außenpolitik hat die EU eine beeindruckende Menschenrechtsstrategie beschlossen. Die muss sie jetzt konsequent umsetzen", so Grenz. "Bisher geben die EU-Staaten ihre menschenrechtlichen Ziele allzu schnell auf, wenn Wirtschafts- oder Sicherheitsinteressen im Spiel sind."
Positiv hebt Amnesty die Unterstützung der EU für ein internationales Abkommen zur Waffenkontrolle hervor. Ein solches Abkommen soll verhindern, dass Waffen an Staaten geliefert werden, die damit Menschenrechtsverletzungen begehen. "Leider haben auch EU-Staaten in der Vergangenheit Waffen geliefert, obwohl sie davon ausgehen mussten, dass diese etwa für das Niederschlagen von Protesten eingesetzt werden", so Grenz.
Wünschen wir uns also zum Tag der Menschenrechte, dass er nicht nur ein Gedenktag bleibt, sondern dass sich Staaten und Regierungen das ganze Jahr daran erinnern, wie eine Gesellschaft menschenwürdig gestaltet werden sollte!
Autorin / Autor: Redaktion; - Stand: 10. Dezember 2012