The Black Coats - ... denn wir vergeben keine Schuld
Autorin: Colleen Oakes
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Friederike Levin
Thea ist am Boden zerstört: Ihre Cousine Nathalie wurde brutal ermordet und der Täter ist aus Mangel an Beweisen auf freiem Fuß. Thea und Nathalie sind gemeinsam aufgewachsen, sind zusammen gelaufen und waren sich so nah wie Schwestern. Ohne Nathalie fühlt Thea sich, als würde sie taub und blind durchs Leben gehen, kaum etwas dringt zu ihr durch oder interessiert sie. Alles was sie noch empfindet, ist die Trauer um Nathalie und den Hass auf ihren Mörder. Doch als ihr in der Schule ein geheimnisvoller Umschlag mit einer Nachricht zugesteckt wird, ist Thea wie elektrisiert. Die „Black Coats“ laden sie ein, ihrem Geheimbund beizutreten – im Gegenzug für ihre Loyalität und Verschwiegenheit wird man Thea eines Tages ermöglichen, Nathalies Tod zu rächen. Getrieben von ihrer Trauer und ihrem Hass verbringt Thea bald jede freie Minute bei den Black Coats, die ihr nicht nur eine Aufgabe, sondern auch Hoffnung geben. Außerdem trifft sie auf Gleichgesinnte, Frauen, die verletzt oder gebrochen wurden, und freundet sich mit einigen von ihnen an.
Auch einem Jungen aus ihrer Schule kommt Thea näher, obwohl sie eigentlich kaum Zeit für eine Beziehung außerhalb der Black Coats hat. Mit der Zeit entstehen Spannungen zwischen Thea und ihrem Freund Drew, mit dem sie nicht über die Black Coats reden kann. Die Situation eskaliert als Thea mitbekommt, dass die Black Coats den Vater von Drew als Zielperson identifiziert haben – was verschweigt Drew ihr? Warum haben es die Black Coats auf seinen Vater abgesehen, obwohl sie sonst nur Männer ins Visier nehmen, die Frauen Gewalt angetan haben? Thea gerät zwischen die Fronten und muss sich entscheiden, wem sie vertraut, und ob Rache tatsächlich der einzige Weg zu Gerechtigkeit ist.
Colleen Oakes erzählt in ihrem Roman „The Black Coats“ die Geschichte eines Verlusts, und die Geschichte einer jungen Liebe. Für sich genommen sind diese Geschichten recht vorhersehbar und klischeebehaftet, vor allem die Beziehung zwischen Thea und Drew wirkt von Zeit zu Zeit mehr als kitschig. Doch in Kombination ergeben sich unerwartete Dynamiken und neue Wendungen. Die Idee eines Geheimbunds aus rachsüchtigen Frauen fasziniert natürlich, und der Autorin gelingt es ausgezeichnet, hier die Fantasie der Leser anzuregen. Das Anwesen der Black Coats, ihre Strukturen und Überzeugungen werden anschaulich beschrieben und üben eine bedrohliche Anziehungskraft auf die Rekrutinnen im Buch, aber auch auf den Leser aus. Vor allem in der zweiten Hälfte der Geschichte häufen sich actionreiche Szenen und teilweise brutale Auseinandersetzungen, die der Erzählung Spannung und Geschwindigkeit verleihen. Damit ist das Buch weniger geeignet für sensiblere Leser, aber umso mehr für jene die es nicht mögen, wenn eine Story nur langsam vorankommt.
Im Kern fragt dieses Buch nach der Beziehung von Rache und Gerechtigkeit. Wird Gerechtigkeit durch Rache ermöglicht? Oder erzwingt Rache einen endlosen Kreislauf, aus dem die Beteiligten nie wieder herausfinden? Kann man Gerechtigkeit empfinden, auch wenn keine Rache genommen wird? All diese Fragen klingen an, können aber nicht beantwortet werden. Leider bleibt das Buch nicht nur eine abschließende Antwort schuldig, sondern versäumt es auch, diesen Fragen den angemessenen Raum zu geben. Damit ist das Buch unterhaltsam und gut geschrieben, kann bei den meisten Lesern aber keine wirklich neuen Denkanstöße zum Thema Gerechtigkeit auslösen.
*Erschienen bei Beltz*
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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 7. August 2019