Die zwei Freundinnen Kendra und Courtney träumen davon, den Appalachian Trail, einen der drei großen Fernwanderwege der USA, zu erwandern. Nach ihrem High School Abschluss wollen sie ihre Reise in Maine beginnen und einige Monate später um einiges an Lebenserfahrung reicher in Georgia ankommen. Sie haben all ihr Erspartes in Wanderausrüstung gesteckt und haben es sogar geschafft, ihre Eltern davon zu überzeugen, sie dieses Abenteuer antreten zu lassen. Doch im allerletzten Moment macht Courtney einen Rückzieher – sie möchte doch lieber zuhause bei ihrem Freund bleiben. Kendra ist enttäuscht und entscheidet sich, die Wanderung alleine anzutreten – allerdings ohne ihren Eltern etwas davon zu erzählen. Sie will sich selbst und allen anderen beweisen, dass sie es ganz alleine schaffen kann. Also macht sich Kendra auf einen langen und beschwerlichen Weg, der sie nicht nur körperlich dazu zwingt, ihre Komfortzone zu verlassen, sondern sie auch emotional dazu bringt, ganz neue und unerwartete Erfahrungen zu machen.

Was mir an „The Distance From Me To You“ am besten gefallen hat, war das spezielle Thema des Fernwanderns. Kendra ist während der gesamten Erzählung auf dem Appalachian Trail unterwegs, sodass Beschreibungen ihres Weges, der Campingplätze die sie besucht, der Mahlzeiten die sie sich zubereitet, der Menschen die sie trifft und der verschiedenen Wetterphänomene, die sie erlebt, viel Raum einnehmen. Die Veränderungen der äußeren Umstände sind der Hintergrund, vor dem sich Kendras innere Entwicklung vollzieht. Deshalb hat mich die Art der Erzählung sehr an ein Roadmovie erinnert, bei dem die zurückgelegte Strecke ebenfalls die Entwicklung der Charaktere wiederspiegelt. Kendras Charakter ist vielschichtig und interessant, auch weil sie als weibliche Hauptfigur ein anderes Ziel verfolgt, als das Herz eines Jungen zu erobern oder Ähnliches. Obwohl sie die einzige Hauptfigur ist und das Buch somit beinah alleine „füllen“ muss, wird es nicht langweilig und es gibt keine Abschnitte, die sich wiederholen. Obwohl bereits etwa zu Beginn des zweiten Drittels der Erzählung ein männlicher Charakter, Sam, eingeführt wird, bleibt der Fokus auf Kendra. Die sich entwickelnde Beziehung zu Sam drängt Kendras Ziel, den Appalachian Trail zu Ende zu bringen, nicht in den Hintergrund. Gegen Ende wird das Buch sogar richtig spannend und ich konnte es kaum noch aus der Hand legen. Deshalb finde ich den Roman insgesamt sehr gelungen und kann ihn durchaus weiterempfehlen.

Marina Gessner ist ein Pseudonym der Autorin Nina de Gramont. Sie schreibt Romane und Kurzgeschichten. „The Distance From Me To You“ ist bereits ihr viertes Jugendbuch. Nina de Gramont veröffentlicht ihre Essays und Kurzgeschichten in verschiedenen Magazinen, wie zum Beispiel „Seventeen“, „Redbook“ und dem „Harvard Review“. Zur Zeit lebt sie mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in North Carolina und unterrichtet Kreatives Schreiben an der „University of North Carlina Wilmington“.

*Erschienen bei bloomoon*