To-Go? Klar - im Pfandbecher!
Interview mit Florian von RECUP, dem deutschlandweiten Pfandsystem für To-go-Mehrwegbecher und -schüsseln
Menschen mit Pappbechern in der Hand waren in den letzten Wochen wieder ein häufigerer Anblick im Straßenbild. Kaffee, Punsch, Glühwein und Co. konnten eben nicht in Cafés oder an Ständen genossen werden, sondern mussten mitgenommen werden.
Und wer beim täglichen Auslüften durch die Parks geschlendert ist, konnte die Überreste dieses Genusses bewundern: Berge an Pappbechern in oder neben den Mülltonnen sind ja auch kaum zu übersehen...
Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist unser Umgang mit Essen und Trinken für unterwegs ein Problem. Schon 2016 haben sich Florian und Fabian gedacht, dass die Berge an Müll den Genuss des Kaffees doch etwas schmälern und sich kurzerhand eine Alternative überlegt. Im Interview berichtet Florian, wie es zu dem Pfandsystem "RECUP" kam, woraus die Becher eigentlich bestehen und welche Tipps und Tricks er für euch hat, wenn ihr euren Alltag ein wenig nachhaltiger gestalten möchtet.
*Was ist die Entstehungsgeschichte hinter RECUP?*
Florian Pachaly: Angefangen hat das Ganze im Sommer 2016, als mir während des Studiums der unverhältnismäßig hohe Verbrauch von Einwegbechern und die daraus resultierenden Müllberge extrem aufgefallen sind. Mir war es erst überhaupt nicht bewusst, dass die Einwegkaffeebecher gar nicht recycelt werden. Der klassische Pappbecher ist innen mit Plastik beschichtet und besteht außen aus Papier. Das macht das Recycling sehr umständlich und extrem teuer, daher werden die Becher in der Regel verbrannt.
Und das für 5 Minuten Kaffeegenuss, vom Ressourcenverbrauch ganz zu schweigen.
Fabian, mein Mitgründer, hatte ganz unabhängig die gleiche Idee und zufällig mit derselben Person über diese Idee gesprochen, die uns dann anschließend vernetzt hat. Zusammen haben wir dann im November 2016 ein Pilotprojekt mit 26 Partnern_innen in meiner Heimatstadt Rosenheim gestartet. Das System kam gut an und daher folgten im Mai 2017 50 Partnerbetriebe in München. Mittlerweile ist RECUP bundesweit vertreten und wir freuen uns, dass unser Pfandsystem stetig weiter wächst.
*Woraus bestehen eure Becher und Schüsseln?*
Unsere Becher und Bowls bestehen aus dem Kunststoff Polypropylen (PP).
Jetzt kommt jedem direkt die Frage in den Kopf: Plastik- und Pappbechermüll vermeiden mit Pfandbehältern aus Plastik? Wir haben lange recherchiert und abgewägt und dies ist momentan die nachhaltigste Alternative für Schalen und Becher, die in einem Mehrwegpfandsystem eingesetzt werden. Sie sind bruchsicher, besonders spülmaschinenfest, leicht und somit besonders langlebig und können sehr lange im Kreislauf bleiben.
*Woher bezieht ihr die Rohstoffe für die Becher und Schalen? Und ist die Produktion sehr energieaufwändig?*
Unsere Rohstoffe beziehen wir aus Deutschland und westeuropäischen Ländern. Die Produktion, die Logistik und das Recycling geschieht in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern in Deutschland. Unser Hersteller ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen.
Vergleicht man die Herstellungs- und Recyclingbedingungen mit denen von alternativen Materialien schneidet PP durch einen vergleichbar geringen Energieverbrauch und eine hundertprozentige Recyclingfähigkeit am besten ab.
*Wie viele Partner konntet ihr bisher mit eurem Pfandsystem überzeugen? *
Wir freuen uns, dass es RECUP und REBOWL mittlerweile schon an mehr als 5000 Ausgabestellen in ganz Deutschland gibt. Und immer mehr Partnerbetriebe schließen sich unserem Pfandsystem an.
*Eignet sich das Prinzip eher für kleine Cafés oder auch für große Unternehmen?*
Sowohl als auch. Wir haben große Partner, wie Shell oder Alnatura, mit welchen wir gemeinsam viel Einwegmüll einsparen. Die kleinen, inhabergeführten Cafes bilden aber gleichzeitig eine wichtige Basis unseres Systems.
Und sowohl die Großen als auch die Kleinen werden mit dem RECUP- und REBOWL-Pfandsystem zum grünen Vorreiter.
Neben Unmengen an Müll, die mit dem System eingespart werden und dem damit verbundenen Impact für die Umwelt, können unsere Partner_innen auch aktiv Kosten einsparen. Die Systemgebühr beträgt, je nach Vertragslaufzeit, ca. 1 Euro am Tag und da man sich damit die Kosten für Einwegverpackungen spart, fährt man mit RECUP kosteneffizienter.
*Die RECUPs sind ja schon ein paar Jahre auf dem Markt. Gab es unerwartete Schwierigkeiten?*
Ich denke die bisher größte Herausforderung für uns ist die Corona-Krise. Wir sehen sie aber gleichzeitig auch als Chance. Durch Corona ist der Verbrauch und das Müllaufkommen von To-go-Verpackungen enorm gestiegen. Das zeigt: Nachhaltige Alternativen für Einwegverpackungen sind wichtiger denn je.
*Was passiert, wenn mal ein Becher oder eine Schale kaputt geht?*
Kaputte Becher oder Schalen werden aus dem Kreislauf genommen und bei uns gesammelt. Anschließend werden die Becher und Schalen zu 100% recycelt und es entstehen daraus beispielsweise Werkzeugkoffer.
*Wie kann die Mehrwegidee in euren Augen attraktiver werden?*
Uns ist bei unserem Pfandsystem wichtig, dass die To-go und Take-away Philosophie aufrecht erhalten wird. Unser Mehrwegsystem funktioniert ohne aufwendige Registrierungen oder Apps. Außerdem lebt ein Pfandnetz von möglichst vielen Ausgabe- bzw. Rücknahmestellen. Je einfacher, verfügbarer und zugänglicher die Idee von Mehrweg umgesetzt wird, desto attraktiver wird sie, sowohl für Konsument_innen, als auch Anbieter_innen.
*Wo seht ihr die Verpackungsbranche allgemein in 10 Jahren?*
Wir freuen uns sehr, dass die Debatte um umweltfreundliche Verpackungen einen immer höheren Stellenwert erlangt. Unsere Vision ist es mit unserem Pfandsystem Einwegverpackungen im To-go und Take-away Bereich in 10 Jahren komplett überflüssig gemacht zu haben. Auch blicken wir der Umsetzung der EU-Verordnung zum Verbot von Einwegplastik im nächsten Jahr gespannt entgegen. Wir sind uns sicher: An Mehrweg führt kein Weg mehr vorbei.
*Was sind eure persönlichen Nachhaltigkeitstipps?*
Ich kaufe gerne in Unverpackt-Läden ein und meine Kleidung bei nachhaltigen Modelabels.
Ein Nachhaltigkeits-Tipp für die Online-Recherche: Die Suchmaschine Ecosia, die für Suchanfragen fleißig Bäume pflanzt. Man kann sich außerdem Gedanken machen, bei welcher Bank man ist oder welchen Stromanbieter man hat.
*Vielen Dank für das Interview!*
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Autorin / Autor: Florian Pachaly, Karla Groth - Stand: 04. Januar 2021