Tröstender Klang
Studie: Geschriebene Worte muntern weniger auf als gehörte
Manch eineR lässt im Internet die halbe Welt am eigenen Leid teilhaben – oder zumindest die Leute aus der Freundesliste in der Lieblings-Community. Doch Tröst-Buttons, SMS oder E-Mails helfen nicht wirklich über Herzschmerz hinweg. Warme Worte wirken im persönlichen Gespräch doch tröstender als geschrieben über das Internet oder per SMS. Das haben WissenschaftlerInnen der University of Wisconsin-Madison in einer aktuellen Studie herausgefunden.
Leslie Seltzer und ihr Team baten dafür 68 Mädchen zwischen sieben und zwölf Jahren zu einem psychologischen Stresstest. Vor diesem Test nahmen die ForscherInnen den Mädchen Speichel- und Urinproben ab, um ihren Cortisol- (ein Stressindikator) und Oxytocin-Wert (auch als Wohlfühl-Hormon bezeichnet) zu ermitteln. Anschließend wurden die jungen Teilnehmerinnen in eine Situation gebracht, die sie aufwühlte: Sie sollten vor fremdem Publikum, das auf einen neutralen Gesichtsausdruck trainiert war, einen Vortrag halten und mathematische Aufgaben lösen. Danach teilten die ForscherInnen die Mädchen in vier Gruppen ein. Die Mädchen der ersten Gruppe durften sich 15 Minuten lang mit ihren Eltern unterhalten, sie sehen und anfassen. Die zweite, die Kontroll-Gruppe, blieb auf sich allein gestellt, ohne Kontakt zu anderen. Die dritte Gruppe durfte mit ihren Eltern telefonieren und die vierte Nachrichten über ein Computerprogramm austauschen. In allen Fällen, bis auf die Kontrollgruppe ohne Kontaktmöglichkeit, wurden die Eltern dazu aufgefordert, möglichst aufbauend und tröstend auf ihre Töchter einzureden.
Durch eine erneute Messung der Cortisol- und Oxytocin Werte wurde deutlich, wie unterschiedlich sich der Kontakt beziehungsweise der fehlende Kontakt zu den Eltern auf das Stressempfinden der Mädchen auswirkte. Bei der ersten Gruppe, die ihre Eltern treffen durfte sowie der Telefongruppe schwankten die Cortisol-Werte kaum, die Oxytocin-Werte hingegen stiegen erheblich an – beides ein Hinweis dafür, dass die Gespräche die Mädchen beruhigten. In den beiden anderen Gruppen zeigte sich ein entgegen gesetztes Bild. Bei denjenigen, die alleine blieben oder nur mit ihren Eltern chatten durften, stieg das Cortisol und das Oxytocin sank. Das heißt: die Mädchen waren immer noch aufgeregt und auch die virtuellen Worte konnten sie nicht beruhigen.
Die ForscherInnen haben mehrere Erklärungen für die Ergebnisse. Zum einen sei die schriftliche Kommunikation sehr viel jünger als die mündliche. Deshalb werde die Hormonpoduktion bei verbalem Austausch vermutlich immer noch besser angekurbelt als bei Gelesenem. Einen weiteren Grund für die beruhigende Wirkung der Stimme sehen Seltzer und ihr Team in der Beziehung zwischen Kind und Eltern. So klären Eltern und Kinder ihre Probleme – anders als unter Freunden – in der Regel im persönlichen Gespräch und nicht im Chat. Das Chatten konnte durch die fehlende Nähe zu den Eltern also nicht ersetzen. Auch die Geschwindigkeit beeinträchtige die Online-Kommunikation. So sind Worte immer noch schneller gesprochen als geschrieben, was beim Trösten eine besondere Rolle spielt.
Falls ihr euch mal so richtig ausheulen müsst, solltet ihr also besser zum Telefonhörer greifen oder euch mit euren Liebsten treffen und nicht (nur) in die Tasten hauen ;-).
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 9. Januar 2012