Uncover - Die Trollfabrik
Autor: Manfred Theisen
Phoenix betreibt mit seiner Freundin Sarah und seinem Kumpel Khalil den YouTube-Kanal „Uncover“, auf dem sie regelmäßig Videos zu politischen Themen veröffentlichen. Für sie ist der Kanal vor allem ein Hobby und eine Möglichkeit, sich politisch zu engagieren – gegen rechts, gegen Faschismus, gegen Hass und Hetze. Damit machen sie sich natürlich nicht nur Freunde. Als ihnen Dokumente über die russische Einmischung in den syrischen Bürgerkrieg zugespielt werden und sie ein Video dazu auf ihrem Kanal ankündigen, gehen ihre Views durch die Decke – doch nicht nur die. Plötzlich sind die Gesichter von Phoenix, Sarah und Khalil in der Öffentlichkeit bekannt und sie werden auf der Straße angesprochen, online bedroht und dann sogar physisch angegriffen. Besonders trifft sie die Hetze online, die in keinem Verhältnis zur wahren Stimmung in der Bevölkerung steht. Schnell wird ihnen klar, dass hier Trolle am Werk sind – gelenkt aus einem Callcenter am Rande von Europa, wo Mitarbeiter rund um die Uhr damit beschäftigt sind, Stimmung zu machen gegen Flüchtlinge, gegen Europa, gegen demokratisch gewählte Regierungen. Phoenix entscheidet sich, diesen Trollen nicht nur die Stirn zu bieten, sondern sie persönlich zu konfrontieren, und macht sich auf den Weg nach Narva in Estland, wo er die Urheber des Online-Hasses gegen seine Person treffen und zur Rede stellen will.
Manfred Theisen nimmt sich in diesem Buch einiger sehr interessanter und hochaktueller Entwicklungen an: Influencer, Trolle, die Manipulation der öffentlichen Meinung, politischer Aktivismus junger Menschen, Veganismus und Flüchtlinge. Dieser bunte Strauß an Themen ist mir leider etwas zu viel – einige werden nur kurz angesprochen und man erfährt mehr Meinung als Hintergrundinformationen. Natürlich ist „Uncover – die Trollfabrik“ in erster Linie ein Unterhaltungsroman und kein Sachbuch, trotzdem ist mir die gesamte Geschichte zu wenig mit sachlichen Details unterfüttert, wodurch einige Handlungsstränge leider unrealistisch oder an den Haaren herbeigezogen wirken. Eine ausführlichere Erzählweise und längere Kapitel könnten hier meiner Meinung nach Abhilfe schaffen. Auch wenn die Hauptbotschaft – keine Macht den Trollen – klar wird, bleiben viele Nuancen auf der Strecke, was sehr schade ist. Vom Schreibstil her hat mir das Buch gut gefallen und war angenehm zu lesen. Der Autor ist ein aufmerksamer Beobachter und schildert die Eindrücke der Hauptperson Phoenix teilweise sehr plastisch. Diese Anschaulichkeit hätte ich mir auch für die Hintergründe der geschilderten politischen und wirtschaftlichen Vorgänge gewünscht.
Insgesamt war „Uncover – die Trollfabrik“ für mich leider eine durchschnittliche Lektüre, die ich nur bedingt weiter empfehlen kann. Der Autor hat interessante Themen aufgegriffen, deren Potential aber leider nicht vollständig ausgeschöpft. Der Schreibstil hat mir gefallen, war aber nicht außergewöhnlich. Wer sich für politische Meinungsmache und die Manipulation der öffentlichen Meinung interessiert, der hat mit „Uncover – die Trollfabrik“ trotzdem eine spannende Lektüre gefunden!
*Erschienen bei Loewe*
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Autorin / Autor: lacrima - Stand: 24. April 2020