Am 16. September 2022 starb Jina Mahsa Amini. Die 22-jährige Iranerin wurde von der Sittenpolizei angehalten und kam in Haft, da sie angeblich ihr Kopftuch zu leger getragen hat. Ihr Mord löste ein Beben aus, das den Iran bis heute gepackt hat und das über die Grenzen des Landes in die Welt schwappte.

Wer sich heute in deutschen Großstädten umschaut, findet nach wie vor viele Schilder mit „Frau, Leben, Freiheit" in Schaufenstern und an Privathäusern. Die Welle der Empörung, der Proteste und des Aufschreis ist allerdings abgeflacht, die Aufmerksamkeit der Medien hat eine kurze Halbwertszeit. Dabei gehen im Iran auch 2023 noch Menschen auf die Straße und riskieren dabei ihr Leben. Zum Beispiel die, die an Protesten teilnehmen, die Songs schreiben, die in Krankenhäusern und als Journalist:innen arbeiten.

Gilda Sahebi hat sich die Proteste in ihrem Buch angeschaut. Sie zeigt, dass die Revolte im Iran nicht als einzelnes Ereignis gelesen werden kann, dass der Grundstein dafür schon viel früher gelegt wurde und dass das Land seit Jahrzehnten immer wieder von Protesten begleitet wird, die sich gegen die Machthaber richten. Sie zeigt die Stärke, den Mut und die Kraft der Menschen im Iran.

Dafür schreibt sie viel selbst und lässt an anderen Stellen Menschen zu Wort kommen, die selbst von bestimmten Unterdrückungsmechanismen betroffen sind. Eine nicht-binäre Person berichtet davon, wie die Lage für Menschen ist, die sich dem LGBTQIA+ Spektrum zuordnen. Ein Kapitel dreht sich ums Kurdischsein im Iran, ein anderes über Ärzt:innen und ihren Kampf gegen das Regime.

Sahebi spricht über die Berichterstattung im Ausland und greift Diskussionen um Unterdrückung und Politik auf kluge Art auf. Sie spart keine Details aus, die Berichte und Erzählungen liegen schwer im Magen. Und trotz der geschilderten Grausamkeit, trotz der Folter und Morde, die sie niederschreibt, klappe ich als Leserin das Buch vor allem mit Bewunderung zu. Für den Mut, die Ausdauer, die Kraft der Menschen vor Ort und im Exil.

„Unser Schwert ist Liebe“ ist ein Buch für alle, die mehr über die Revolution im Iran erfahren wollen. Das Buch gibt Mut, Kraft, aber bietet auch Raum für Trauer und Verzweiflung, die angesichts der langen Liste mit Todesopfern am Ende des Buchs besonders stark zu spüren ist. Es zeigt, wie stark Menschen sein können und wie der Wunsch und das Bedürfnis nach Freiheit unglaubliche Kraft verleihen können.

*Erschienen bei S. FISCHER*