Unwort des Jahres 2011: Döner-Morde
Unwort-Jury: Opfer rechts-terroristischer Mordserie auf Imbissgericht reduziert
Das Unwort des Jahres 2011 wurde gekürt. Den unehrenhaften Titel hat der Ausdruck Döner-Morde erhalten, der von Polizei und Medien für die von einer neonazistischen Terrorgruppe verübten Morde an zehn Menschen verwendet wurde.
Die Jury wählte die sprachliche Verfehlung aus 2420 Einsendungen - die meisten Einsendungen seit Bestehen der Unwort-Aktion. Mit Döner-Morde kürte sie einen Begriff, der über Jahre hinweg nicht nur die verhängnisvolle Sichtweise gestützt hat, die Motive der Morde seien im kriminellen Milieu von Schutzgeld- und/oder Drogengeschäften zu suchen, sondern der auch noch die Opfer selbst in höchstem Maß diskriminiert, indem sie aufgrund ihrer Herkunft auf ein Imbissgericht reduziert werden.
Ein weiteres Unwort für das Jahr 2011 war "Gutmensch". Mit dem Ausdruck werde insbesondere in Internet-Foren das ethische Ideal des „guten Menschen“ in hämischer Weise aufgegriffen, um Andersdenkende pauschal und ohne Ansehung ihrer Argumente zu diffamieren und als naiv abzuqualifizieren, urteilte die Jury. Der Ausdruck werde zwar schon seit 20 Jahren in der hier gerügten Weise benutzt. Im Jahr 2011 sei er aber in unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Kontexten einflussreich geworden und habe somit sein Diffamierungspotential als Kampfbegriff gegen Andersdenkende verstärkt entfaltet.
Auch die "Marktkonforme Demokratie" hatte für die Jury das Zeug zum "Unwort". Die Wortverbindung stehe für "eine höchst unzulässige Relativierung des Prinzips, demzufolge Demokratie eine absolute Norm ist, die mit dem Anspruch von Konformität mit welcher Instanz auch immer unvereinbar ist."
Für das Jahr 2011 wurden 923 verschiedene Wörter eingeschickt. Die Jury erhielt mit insgesamt 2420 Einsendungen, die meisten Vorschläge seit Bestehen der Unwort-Aktion. Die häufigsten Einsendungen waren Döner-Morde (269 mal), Stresstest (186 mal), Rettungsschirm (136 mal) und Tagesrandzeit (105 mal).
Die Jury der Aktion „Unwort des Jahres“ besteht aus folgenden Mitgliedern: den vier Sprachwissenschaftlern Prof. Dr. Nina Janich von der TU Darmstadt, Dr. Kersten Sven Roth (Universität Zürich), Prof. Dr. Jürgen Schiewe (Universität Greifswald) und Prof. Dr. Martin Wengeler (Universität Trier) sowie dem Journalisten Stephan Hebel (Frankfurter Rundschau). Als jährlich wechselndes Mitglied war in diesem Jahr Dr. Heiner Geißler, Bundesminister a. D., beteiligt.
Autorin / Autor: Redaktion, - Stand: 17. Januar 2012