Wegwerfen war gestern!
Upcycling im Kunstunterricht
Beitrag von Maria-Friederike Schulze über einen experimentellen Oberstufenkurs „Design und Nachhaltigkeit“
Umweltbewusstheit, Nachhaltigkeit und Kunstunterricht verbinden? Klar! Und dazu sammeln, untersuchen, experimentieren, bauen, werkeln mit unterschiedlichsten Alltagsmaterialien. Was dabei herauskommt, ist ein sehr spannendes, handlungsorientiertes und in vielerlei Hinsicht lehrreiches Design-Semester zum Thema Upcycling.
Beim Upcycling geht es darum, ausrangierten Materialien und Gegenständen einen neuen Wert zu geben, ohne – wie beim Recycling – ihre Qualität zu verringern („down-cycling“). Ein fast schon klassisches Beispiel, welches auch hin und wieder in Kunst-Arbeitsbüchern zu finden ist, ist der Rag Chair des niederländischen Designers Tejo Remy, eine Sitzgelegenheit, die aus ausrangierten Kleidungsstücken gefertigt wird. Es gehört eine große Portion Kreativität dazu, Ideen in diese Richtung zu produzieren.
In unserem experimentellen Oberstufenkurs „Design und Nachhaltigkeit“ begannen wir mit Produktanalysen (ein bisschen Theorie muss schließlich sein), die in Form kurzer Videos präsentiert wurden, gefolgt von Recherchen zum Upcycling-Konzept. Spannend wurden dann die Untersuchungen zum eigenen Wegwerfverhalten, die zu mehr oder weniger gezieltem Sammeln und Analysieren von zur Weiterverwendung geeignetem „Abfall“ führte.
Parallel dazu gab es Materialbeobachtungen und kleine Verarbeitungsexperimente, die unsere „täglichen Übungen“ wurden und zu ersten Ideen führten. Weitere Ideen konnten mit Hilfe verschiedener Kreativtechniken entwickelt werden. Es wurde sehr engagiert experimentiert, gesponnen, überarbeitet und weiterentwickelt, aber auch verworfen - und alles in selbstgebauten Skizzenbüchern (das erste Upcycling-Produkt im Kurs!) festgehalten.
Wir beschäftigten uns auch theoretisch mit dem Designprozess, um die Arbeit von „echten“ Designern möglichst gut praktisch nachzuvollziehen. Fertige Produkte – u.a. eine Pappmöbelserie, die Skizzenbücher aus Schmierpapier, Portemonnaies aus Tetra-Paks – wurden bald kritischen Analysen unterworfen. An dieser Stelle ließen sich wieder fachtheoretische Aspekte einbinden bzw. wiederholen, wie z.B. die Funktionen von Design und deren Analyse.
Einige Schülerinnen und Schüler machten aus ihren Projekten eine Facharbeit, die mit in die Punkteberechnung des Abiturs einfließen kann. Diese Arbeiten entstanden quasi nebenbei als Dokumentation und kritische Reflexion der eigenen Idee, des Arbeitsprozesses und des Upcycling-Konzeptes. Ein Beispiel für die Formulierung einer Semesteraufgabe als pdf inklusive Vorschlag für einen Bewertungsbogen gibt es auf kunst-unterrichten.de. Dort gibt es auch einen Beitrag zu Kreativtechniken und eine Anleitung zum Herstellen der Skizzenbücher.
*Viel Spaß und gesteigertes Umweltbewusstsein*
Alle Beteiligten hatten viel Spaß im Kurs und sprachen am Ende davon, ihr Wegwerfverhalten tatsächlich geändert zu haben und die Dinge mit anderen Augen zu sehen. „Ich denke jetzt zweimal nach, bevor ich etwas in den Müll werfe“ war dabei ein häufig verwendeter Satz.
3 gute Gründe für Upcycling im Kunstunterricht
- Upcycling bietet einen hohen Motivationsfaktor, denn es hat zum einen in vielerlei Hinsicht praktische lebensweltliche Relevanz und lädt zum anderen zum Experimentieren und „Werkeln“ mit unterschiedlichsten Materialien ein
- Upcycling kann als handlungsorientierte Einführung in das Thema Design vom Entwurfsprozess bis zur Produktanalyse dienen
- Upcycling ist ein idealer Aufhänger, um Nachhaltigkeit und das Entwickeln von Alternativen zu unreflektiertem Konsum zu thematisieren und Schülerinnen und Schüler zum aktiven, selbstbestimmten Handeln anzuregen.
Tipp
Für die Arbeit in der Sekundarstufe I bietet es sich an, den theoretischen Teil zugunsten der praktischen Arbeit, des Experimentierens und Erprobens verschiedener Materialien zu reduzieren, auf eine umfangreiche Präsentation mit Reflexion sollte aber keinesfalls verzichtet werden.
Hier ist der sehr informative Blog von Maria-Friederike Schulze
Autorin / Autor: Maria-Friederike Schulze - Stand: Februar 2017