Verzweiflungstaten
Autorin: Megan Nolan
Übersetzerin: Lisa Kögeböhn
Eine Liebe, die es meines Erachtens nicht einmal wirklich verdient hätte als solche bezeichnet zu werden, dominiert das Leben der jungen Ich-Erzählerin. Aufopferungsvoll und beinahe blind vor Begehren und Zuneigung für einen Mann begibt sie sich in eine toxische Beziehung. Doch der Schleier beginnt sich im Verlauf der gemeinsamen Zeit zu lüften und die Hauptperson erkennt die Kälte und die nicht erwiderte Liebe, die ihr entgegengebracht wird. Sie stürzt sich in durchzechte Nächte und die Betten anderer Männer, um den immer stärker werdenden Schmerz über diese Erkenntnis zu ertränken und sich endlich wieder lebendig zu fühlen. Auch die Vergangenheit der jungen Frau, vor allem in ihrer Jugend, war nicht leicht. Essstörungen, Depressionen und selbstverletzendes Verhalten, die emotional belastenden Aussagen ihrer Bekannten, Freunde oder auch ihrer Familie führten zu einem schmerzverzerrten Blick auf das Leben, einem negativen inkonstanten Selbstbild, das sie durch Exzesse, alkoholischer oder sexueller Natur, zu untergraben versuchte, jedoch bis heute tief in ihrer Psyche verwurzelt ist.
*Meine Meinung*
Megan Nolan hat uns mit ihrem Debüt definitiv keine leichte Lektüre serviert, aber dafür eine fesselnde. Ich konnte das Buch fast nicht mehr aus den Händen legen und wenn, dann beschäftigte mich das Gelesene auch noch danach in meinem Alltag. Auf der Rückseite des Einbands stellt Stylist fest: „Entwaffnend, wie sehr man sich mit ihr identifiziert“, und diesem Zitat kann ich uneingeschränkt zustimmen. So viele Dinge werden in diesem Buch durchdacht, so viele schmerzliche Wahrheiten, so viel Kummer und Herabsetzung nur auf Grundlage dessen, dass man als Frau geboren wurde. So viele Wahrheiten, die angesprochen werden müssten:
„Weibliches Leid ist billig und wird billig von Frauen benutzt, um Aufmerksamkeit zu erregen.“ (S.22)
„Sobald ich etwas über meine schmerzhaften Erlebnisse sagen will, höre ich, wie meine Stimme im Chor der 'der Frauen, denen etwas angetan wurde', untergeht, anonym wird und nichts mehr mit mir zu tun hat.“ (S.46)
Vor allem das letzte Zitat scheint fast zynisch im Angesicht der Tatsache, dass wir während des gesamten Romans nicht einmal den Namen unserer Ich-Erzählerin erfahren. Eine Kleinigkeit, die jedoch eine enorme Auswirkung auf die Geschichte hat und sicher nicht zufällig von der Autorin gewählt wurde.
Der Roman ist ekelerregend, berührend, schmerzhaft und einfach fantastisch. Empfehlen würde ich es erst in einem reiferen Jugendalter von ca. 16 Jahren, da die Erzählungen doch einige Male belastende Erinnerungen hervorbringen oder psychisches Unwohlsein triggern könnten. Doch wenn ihr euch stark genug fühlt, dann nehmt euch dieses unglaubliche Buch zur Hand.
*Erschienen bei Blumenbar*
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Autorin / Autor: Berry - Stand: 24. September 2021