Was wir von Ameisen lernen können
ForscherInnen bescheinigen Ameisen intelligentes Informationssystem
Ameisen sind hauptsächlich für ihren Fleiß und ihre Unermüdlichkeit berühmt. Dass sie aber auch ausgesprochen schlau sind und ein ausgeklügeltes Informationssystem haben, besagt die sogenannte Informationstransfer-Hypothese, für die die ForscherInnen vom Biozentrum der Uni Würzburg ein sehr schönes Beispiel bei Blattschneiderameisen fanden. Sie stellen nämlich sicher, dass sie sich nicht von ihrer Gier leiten lassen, sondern vorausschauend, planvoll und gruppenorientiert handeln.
Blattschneiderameisen sind die Gärtner unter den Tieren: Mit ihren kräftigen Kiefern schneiden sie von Pflanzen Blattstücke ab und tragen sie in spezielle Zuchtkammern in ihrem Nest. Dort dienen die Blätter als Nährboden für einen Pilz, den die Ameisen sehr sorgsam kultivieren – denn von diesem Pilz ernährt sich ihre gesamte Kolonie.
*So läuft die Grasernte ab*
Die Grasernte beginnt am frühen Morgen; dann verlassen zahlreiche Ameisen das Nest. Finden sie einen ertragreichen Ernteplatz, holen sie weitere Helferinnen dazu: Die Tiere laufen zum Nest zurück, legen dabei eine chemische Duftspur und informieren schon auf dem Heimweg andere Ameisen über den Fund. Das geschieht über einen Kopf-zu-Kopf-Kontakt und indem sie sich mit ihren Antennen berühren.
Am Anfang der täglichen Sammelarbeit kehren erstmal 70 Prozent der Ameisen ohne Grasstücke vom Ernteplatz zum Nest zurück. Und die wenigen Ameisen, die doch Material mit sich tragen, bringen eher kleine und leichte Stücke nach Hause. Erst später tragen immer mehr Ameisen immer größere Grasstücke ins Nest.
*Rekrutierung ist am Anfang vorrangig*
Warum die Tiere sich so verhalten, erklären sich die Biologen so: „Am Anfang der Sammeltätigkeit ist es wichtig, schnell viele Erntehelfer zu rekrutieren – denn es besteht die Gefahr, dass andere Ameisenkolonien den Ernteplatz für sich beanspruchen“, sagt Professor Roces. Ein Großteil der Ameisen verzichtet darum komplett darauf, Blätter zu transportieren und kümmert sich nur darum, Helferinnen zu finden. Die Tiere, die trotzdem Blattmaterial tragen, wählen zu Beginn eher kleinere und damit leichtere Stücke. Außerdem laufen sie am Anfang der Ernte viel schneller als später, wodurch sie das "Weitersagen" noch zusätzlich beschleunigen.
Erst wenn der Ernteplatz mit einer ausreichenden Zahl von Ameisen gesichert ist, können sich die Tiere verstärkt der Ernte widmen. Dann nehmen nur noch 20 Prozent der Arbeiterinnen, die das Nest verlassen, Kontakt mit den Heimkehrern auf. „Damit haben wir einen weiteren Hinweis gefunden, der die Informationstransfer-Hypothese stützt“, sagt Flavio Roces vom Biozentrum der Universität Würzburg.
Diese Hypothese besagt: Wenn soziale Insekten eine reichhaltige Nahrungsquelle entdecken, tragen zuerst nicht alle Sammler die maximal mögliche Menge zurück ins Nest. Stattdessen kehrt ein Teil von ihnen unbeladen und schneller zurück, um den Anderen die Information über die Quelle zu überbringen. Das mindert zwar die Ernteleistung des Einzelnen, macht aber die Kolonie im Ganzen auf Dauer deutlich leistungsfähiger.
Das nennen wir vorbildliche Solidarität, die auch noch effizient ist ;-)
*Hintergrund*
Ihre neuen Erkenntnisse gewannen die Forscher bei Freilandstudien in Uruguay. Dort untersuchten sie 15 Kolonien der Blattschneiderameisen Acromyrmex heyeri, die auf das Abschneiden von Grashalmen spezialisiert sind. Wie gut organisiert und flexibel die Tiere beim Sammeln von Pflanzenblättern vorgehen, beschreibt er mit seinem Kollegen Martin Bollazzi in einer Publikation in der Zeitschrift PLoS ONE.
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 3. Juni 2011