Winter so weit
Text von Peer Martin
Einbandgestaltung von Anke Fesel
Calvin ist jetzt Anders. Er ist bei den Rechten ausgestiegen und kennt die Hintergründe von deren Brandattacke auf das Flüchtlingsheim, bei der er offiziell umgekommen ist. Inoffiziell wurde er jedoch in Zeugenschutzprogramm aufgenommen und lebt jetzt als Anders Dobrowski in einer bayrischen Kleinstadt. Das dürfen Pascal und seine Clique keinesfalls erfahren, denn dann wäre Calvin in Lebensgefahr. Aber was bedeutet sein Leben schon ohne Nuri, seine große Liebe? Nuri, die ums Leben kam, als sie versuchte Menschen aus dem Feuer zu retten.
Calvin mach sich auf den Weg nach Syrien, um Nuris letzten Wunsch zu erfüllen und Dschinan rauszuholen. Dass dies eine äußerst gefährliche Reise ist, weiß Calvin. Doch so viel mehr wird ihm erst unterwegs klar.
„Winter so weit“ ist der zweite Teil einer Trilogie (Sommer unter schwarzen Flügeln – Winter so weit – Feuerfrühling). Der erste Band ist Anfang 2015 erschienen und wurde unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2016 und dem Jugendbuchpreis Friedolin 2015 ausgezeichnet.
Auch wenn es schon mehr als zweieinhalb Jahre her ist, dass ich den ersten Band gelesen habe, fiel mir der Einstieg leicht. Geschichte und Charaktere sind wieder so präsent, als wären sie nie weg gewesen. „Winter so weit“ ist gewissermaßen ein weiterer Abschnitt einer Reise, die noch längst nicht am Ziel angelangt ist. Im Laufe der Reise geht es mitunter sehr intensiv zu. So hat Peer Martin das Buch in einem poetischen Sprachstil verfasst, scheut sich aber auch nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. Gewalt wird in diesem Buch sehr direkt thematisiert, ohne herausgestellt zu werden, ist aber dennoch stellenweise echt heftig, so dass ich eine Pause machen brauchte, weil die Geschichte gerade einfach zu intensiv war.
Generell wirkt das Buch so natürlich, dass ich mir gut vorstellen kann, all das wäre wirklich passiert. Als wäre das Buch ein Haufen von Momentaufnahmen, die aneinandergereiht wurden und zusammen eine Geschichte ergeben. Das Buch erzählt langsam und eindringlich, es erschüttert und hat mich als Leserin bewegt. Es nimmt den Leser an der Hand und nimmt ihm mit – zeigt ihm Menschen, Orte und ihre Schicksale, gewährt jedoch gleichzeitig einen gewissen Schutzabstand. Ich wurde von dem Buch mitgerissen und an einem doch etwas jähem Ende überraschend sanft wieder abgesetzt. Ein bisschen, als würde ein Pilot eine Notlandung machen müssen – nicht optimal, aber er beherrscht sie und so landet die Maschine am Boden und für den Augenblick sind alle glücklich, doch wie sollen sie dort ankommen, wo sie hinwollen?
Das Buch ist sehr gut geschrieben und das einzige, was mich ein wenig gestört hat, war das etwas plötzliche Ende. Manch einer würde vielleicht sagen, dass einige der Charaktere in dem Buch ein bisschen zu viel Glück haben – aber das Leben ist voller Zufälle und manchmal fällt das Glück zu denen, die es bitter brauchen.
„Winter so weit“ ist noch immer hochaktuell, äußerst spannend und regt zum Nachdenken an – ich werde es definitiv weiterempfehlen!
*Erschienen bei Oetinger*
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Autorin / Autor: flowervi - Stand: 30. Oktober 2017