Wolkenschloss
Autorin: Kerstin Gier
Als Erstes sticht das wunderschön und mit viel Liebe zum Detail gestaltete Cover ins Auge, was sich wohltuend von der Masse abhebt und mir sehr gut gefällt. Es gibt schon einen kleinen Vorgeschmack auf die verschiedenen Gäste, auf die man im Wolkenschloss treffen wird. Als Hauptperson steht die Jahrespraktikantin Fanny Funke im Mittelpunkt, die sich gleich zu Beginn gegen einen altklugen und gehässigen Jungen durchsetzen muss. Auch einige ihrer Kolleginnen machen ihr das Leben schwer, doch zum Glück gibt es einen liebenswerten und weisen Concierge, sowie den tätowierten, aber herzensguten Herrn der Wäscherei, die Fanny mit Rat und Tat zur Seite stehen. Der Sohn des einen Hotelbesitzers scheint ein sehr netter Leidensgenosse -weil Lebenspraktikant- zu sein, auch wenn Fanny ihn unter ungünstigen Umständen kennenlernt.
Es würde den Rahmen der Rezension sprengen, auf die zahlreichen Personen mit geheimnisvollen, skurrilen und zwielichtigen Charakterzügen einzugehen, die eine Rolle in der Handlung spielen. Die Kulisse eines Hotels ist hierfür natürlich eine unerschöpfliche Quelle, die die Autorin gekonnt ausnutzt. Für den nötigen Überblick sorgt ein angehängtes Personenverzeichnis, was man zum Abschluss komplett lesen sollte, denn es enthält noch einige weiterführende Informationen, die im Text nicht vorkommen.
Erwähnenswert sind aber noch die eigenwilligen Tiere, die das Hotel bevölkern und für manche Überraschung sorgen. Da tummeln sich sieben Bergdohlen, die alle Hugo heißen, ein Paar unerschrockene Kaltblutpferde für romantische Schlittenfahrten, diverse Hunde von speziellen Gästen und eine verbotene Katze, die anscheinend mehr als sieben Leben und einen sechsten Sinn besitzt.
Diese Zutaten sorgen zusammen mit einem lockeren und eingängigen Schreibstil für lustige Episoden, mystische Vorkommnisse und turbulente Entwicklungen. Mir haben dabei besonders die eingestreuten Alliterationen wie der "reizbare Roman" und der "rückgratlose Rudi" viel Spaß gemacht. Dabei strahlt die gesamte Szenerie eines altmodischen Hotels, im Winterwunderland der Schweizer Berge, eine heimelige und behagliche Wohlfühlatmosphäre aus und man sieht sich als Leser fast als ein Mitglied des Hotelpersonals. Man beobachtet aus Fannys Perspektive, die sich langsam auf den Höhepunkt zuspitzenden Ereignisse, die dann doch mit überraschenden Wendungen und unerwarteten Enthüllungen aufwarten. Verschleierte Identitäten werden enthüllt und so manch einer entpuppt sich als Bösewicht, von dem man es nicht gedacht hätte.
Für meinen Geschmack waren einige der in James-Bond-Manier beschriebenen Szenen am Schluss etwas zu dick aufgetragen und dadurch unglaubwürdig. Ich hatte den Eindruck, dass unbedingt noch spektakuläre Action eingebaut werden musste, um die nötige Spannung zu erzeugen. Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt. Ansonsten habe ich mich im Wolkenschloss mit seinen vielfältigen und unterhaltsamen Bewohnern sehr wohlgefühlt.
*Erschienen bei Fischer*
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Autorin / Autor: sharifa - Stand: 17. Oktober 2017