Zukunftswerkstatt - Dialog auf Augenhöhe
Frauen in Technikberufen - PersonalleiterInnen im Gespräch mit weiblichen Fachkräften, Schülerinnen und Studentinnen
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Unternehmen der Technikbranche neue Wege beschreiten müssen, um geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Der Nachwuchsmangel - besonders bei weiblichen Interessenten - ist gerade in MINT-Berufen eklatant. Viele Studien bestätigen aber inzwischen, dass dies nicht nur am fehlenden Interesse von Schülerinnen/Studentinnen an technischen Berufen liegt, sondern oftmals auch am Image dieser Berufe und der Arbeitsplätze (zum Beispiel "männlich dominierte Arbeitskultur"). Was aber genau wünschen sich junge Frauen von ihrem zukünftigen Arbeitgeber? Was ist für sie ein attraktiver Arbeitsplatz? Welche Arbeitsbedingungen müssen für sie erfüllt sein? Diesen Fragen geht das Projekt *MINTrelation Zukunftswerkstatt Technikberufe* nach und bringt die verschiedenen Akteure - Führungskräfte, Mitarbeiter/innen sowie potenzielle Nachwuchskräfte (Schülerinnen/ Studentinnen) - an einen Tisch.
Zukunftswerkstätten - Motor für Veränderungsprozesse
Nach intensiven Betriebserkundungen, in denen die Schülerinnen und Studentinnen Firmen und Belegschaften kennenlernen treffen sie sich mit Personalleiter/innen und Mitarbeiter/innen (Botschafterinnen) in sogenannten "Zukunftswerkstätten". Moderiert vom Projektteam suchen die Beteiligten auf Augenhöhe gemeinsam Kriterien, die für die Zufriedenheit der Beschäftigten, aber auch für die Arbeitgeberattraktivität bei potenziellen Nachwuchskräften entscheidend sind. Es werden zum Beispiel Fragen gestellt nach flexiblen Arbeitszeitmodellen und Arbeitsplatzkonzepten, nach der Förderung von Frauen-Karrieren, nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder nach der Sensibilisierung der Mitarbeiter/Führungskräfte in Bezug auf Rollen/Geschlechterverhalten. Die Zukunftswerkstätten sind sozusagen das Herzstück des Projekts, weil hier in einer kommunikativen Atmosphäre der Sensibilisierungsprozess für die Themen Gender und Diversity im Unternehmen in Gang gesetzt wird.
*Familienfreundliche Arbeitsplatzgestaltung...*
Ein erfreuliches Ergebnis der meisten Zukunftswerkstätten ist, dass viele der Unternehmen bereits eine an den Beschäftigten orientierte gesunde, motivierende und familienfreundliche Arbeitsplatzgestaltung vorweisen können - beziehungsweise daran arbeiten. Es gibt die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten oder im Home Office, es werden Maßnahmen im Gesundheitsmanagement umgesetzt, Aus- und Weiterbildung wird gefördert und es gibt gute Aufstiegsmöglichkeiten. MitarbeiterInnen mit Kindern können Kantinenessen für den Nachwuchs mitnehmen, und ein Unternehmen baut derzeit sogar einen Betriebskindergarten auf.
*...aber unzureichende Außendarstellung*
Dennoch werden viele dieser Angebote nicht oder kaum nach außen kommuniziert, sie sind zum Beispiel selten in der Webpräsenz der Unternehmen zu finden. So dreht sich denn auch ein großer Teil der Gesprächsrunden zwischen den PersonalerInnen, den Botschafterinnen und den künftigen weiblichen Nachwuchskräften um das Thema, wie die attraktiven Angebote der Arbeitgeber denn arbeitssuchenden weiblichen Fachkräften oder potenziellen Azubis bekannt gemacht werden. Offenbar - und das überrascht viele PersonalerInnen - schenken Nachwuchskräfte dem Webauftritt eines Unternehmens eher Vertrauen und Aufmerksamkeit als einem Web 2.0-Auftritt (Facebook etc.), und so suchen sie sich auch ihren zukünftigen Arbeitgeber unter anderem danach aus, wie authentisch und informativ die Karriereseiten eines Unternehmens aufbereitet sind.
*Auch viele "kleine" Veränderungen können Technikunternehmen frauenfreundlicher machen*
Es sind aber auch andere Themen, die bei den Zukunftswerkstätten zur Sprache kommen. Zum Beispiel die zwar seltener werdenden, aber immer noch vorhandenden Vorbehalte mancher Ausbilder oder männlicher Azubis gegenüber jungen Frauen, die einen technischen Beruf erlernen möchten. Oder die Arbeitskleidung, die meist immer noch nur auf Männerfiguren zugeschnitten ist. Es sind oft die kleinen Veränderungen, die Botschafterinnen, Schülerinnen und Studentinnen den Unternehmen vorschlagen: Zum Beispiel neuen Mitarbeiterinnen eine "Patin" zur Seite zu stellen, mehr Wert zu legen auf geschmackvollere Raumgestaltung oder auch gemeinsame Aktivitäten in der Belegschaft, die die unterschiedlichen Interessen berücksichtigen und zu einem Klima der Wertschätzung beitragen.
Zukunftswerkstatt - Austausch für eine neue Unternehmenskultur
Durch diesen fruchtbaren Diskussionsprozess werden KMUs darin gestärkt, eine Unternehmenskultur zu entwickeln, die die Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern und die positive Wahrnehmung von Unterschiedlichkeiten im Unternehmen fördert. Die direkte Kommunikation zwischen PersonalerInnen, weiblichen Beschäftigten und zukünftigen Nachwuchskräften unterstützt die Unternehmen dabei, geeignete Wege zu finden, um insbesondere weibliche MINT-Fachkräfte zu gewinnen, zu halten und zu motivieren.
"Die Zukunftswerkstatt hat uns sehr gut gefallen. Wir sind durch die Feedbacks der Mädchen und der Mitarbeiterinnen auf viele Aspekte aufmerksam geworden, die wir in Zukunft umsetzen möchten", sagt Verena Liane Ottermann, Personalentwicklerin im Unternehmen Lenze.
Das Projekt will in erster Linie das Thema Gleichstellung im Betrieb und die Entwicklung eines frauen/familienfreundlichen Arbeitsumfelds in immer noch sehr männerdominierten KMUs der Metall- und Elektroindustrie unterstützen. Da hier bisher nur wenige weibliche Fachkräfte beschäftigt sind, ist das Thema Diversity und Chancengleichheit unter den Geschlechtern in den Unternehmen häufig nachrangig als sogenanntes "weiches Thema" behandelt worden. Erst die demographische Entwicklung lässt viele Unternehmen aufschrecken und darüber nachdenken, wie auch mehr weiblicher Nachwuchs gewonnen werden kann und wie weibliche Fachkräfte gehalten werden können, denn die Bewerberzahlen um neue Ausbildungsplätze sind bereits rückläufig.
Mehr Infos über MINTrelation - Zukunftswerkstatt Technikberufe:
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: Juni 2014