Lehrerinnen nicht schuld an "Krise der Jungen"
Studie: Frauen nicht schuld an schlechtem Abschneiden der Jungs
Es ist schon verrückt, kaum starten die Mädchen in der Schule richtig durch, redet alle Welt nur noch von der "Krise der Jungs". Wohin das Auge schaut, schütteln Experten und Expertinnen betroffen die Köpfe und sorgen sich um die "armen" und benachteiligten Schüler. Schuld an der Misere der Jungs, deren Leistungen im Vergleich zu der der Mädchen offenbar deutlich abfallen, - sind - wie könnte es anders sein - die Lehrerinnen und Pädagoginnen. Denn die kommen mit den Jungs nicht klar, machen einen zu weiblichen Unterricht, bedienen zu wenig jungsspezifische Interessen und Lernweisen, können ihnen nicht als Vorbild dienen und verhindern so deren optimale Entwicklung. Politiker fordern darum nun eine "eigenständige Jungen- und Männerpolitik", und Fördermaßnahmen für Jungs sprießen hervor wie Pilze aus dem Boden. Der WZB-Forscher Marcel Helbig hat mit Andreas Landmann und Martin Neugebauer von der Universität Mannheim nun einmal die angeblich negativen Auswirkungen der vermeintlichen Feminisierung auf den Schulerfolg von Jungen genauer unter die Lupe genommen.
Nicht mehr Lernerfolg durch gleichgeschlechtliche Lehrerkraft!
Tatsächlich scheint auf den ersten Blick ein Zusammenhang zwischen dem Anteil weiblicher Lehrkräfte und dem unterschiedlichen Bildungserfolg von Jungen und Mädchen zu bestehen. So ist sowohl im Bundesländer-Vergleich als auch im Vergleich der OECD-Staaten das gleiche Phänomen zu beobachten: Je mehr Frauen in einem (Bundes-)Land unterrichten, desto erfolgreicher sind Schülerinnen im Vergleich zu Schülern. Helbig stellte mit Landmann und Neugebauer nun jedoch unter anderem fest, dass weder Mädchen noch Jungen bei ihren Kompetenzen oder Noten von einem Lehrer des jeweils gleichen Geschlechts entscheidend profitieren. Die Leseleistung von Jungen und Mädchen leidet sogar, wenn sie vier Jahre lang von einem Mann in Deutsch unterrichtet wurden.
Mehr Männer müssen nicht die Lösung sein
In der Studie wurden zwar bestimmte psychologische Dimensionen - etwa für das Rollenverhalten der Jungen - nicht einbezogen. Dennoch zeigte die Studie, in der die Bedeutung des Geschlechts der Lehrkräfte für das kognitive Lernen und die Notenvergabe besonders beleuchtet wurde, dass ein pauschaler Ruf nach mehr Männern im Lehrerberuf unbeabsichtigte Folgen haben kann - die Mädchen wie Jungen in ihrer Kompetenz-Entwicklung sogar schaden können. Und es zeigt sich, dass die Konzentration auf die vermeintlich negativen Auswirkungen von weiblichen Lehrkräften für die Bildungschancen von Jungen den Blick auf die eigentliche Botschaft verstellen könnte - dass nämlich Mädchen heute ihre schulischen Potenziale durch mehr - nicht nur formelle - Gleichberechtigung besser entfalten können.
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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 9. März 2010