Eine angelehnte Tür
Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet
Die Sonne prallt auf Istanbuls Straßen, als ich mit dem Rad die Stadt durchquere.
Meine Haare fliegen im Wind.
Auf einmal komme ich in ein eher trostloses Viertel.
Die Häuser hier sehen gar nicht so schön aus, überall fehlen Dachziegel, manche Fensterläden hängen schräg herunter. Man könnte denken, dass alles verlassen ist. Doch irgendwie kommt mir diese Gegend bekannt vor, aber ich weiß nicht wieso. Dann bleibe ich stehen, sehe mich um, mein Blick richtet sich auf ein altes Haus, dessen Türe nur angelehnt ist.
Plötzlich fällt mir alles wieder ein, eine Reihe von Bildern spielen sich in meinem Kopf wie ein Film wieder ab, als ob es gerade erst passiert wäre.
Es war Krieg, eine schwarze Nacht. Meine Freundin und ich saßen zusammengekauert in einer kleinen Hütte. Wir hatten nämlich keine Eltern oder Verwandten mehr, bei denen wir hätten bleiben können, wir waren ganz auf uns allein gestellt. Die gesamte Umgebung war schon völlig zerbombt und sie würden auch nicht aufhören, solange noch ein Schimmer von Leben da wäre.
Wir wussten genau, dass wir nicht verschont werden, wir konnten also nur darauf warten, dass sie uns töten.
Auf einmal hörten wir schwere gleichmäßige Schritte die immer näher kamen. Angst machte sich in uns breit, wir nahmen uns fest an den Händen und gaben keine Mucks von uns. Unsere Herzen rasten, jede von uns wusste, wer oder was da draußen war: Soldaten, die uns nur töten wollten. Da sahen wir die angelehnte Tür unserer Hütte. Sie gab uns irgendwie ein Zeichen, dass wir fliehen sollten, sie gab uns neue Kraft, sie war geöffnet für uns, für ein neues Leben. Ohne unsre Hände loszulassen, stürmten wir im letzten Moment hinaus. Wir rannten und rannten ohne uns umzusehen, ob uns jemand folgte, bis wir das nächste Dorf erreichten und ein neues Leben beginnen konnten.
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Autorin / Autor: Lena, 12 Jahre - Stand: 15. Juni 2010