Mein Schutzengel
Ich war Anfang 20 als ich die schreckliche Diagnose bekam ...
Ich war Anfang 20 als ich die schreckliche Diagnose bekam. MS: Multiple Sklerose das war die Antwort auf die unendlichen Arztbesuche die ich über mich ergehen lassen musste. Seit einem Jahr lebe ich nun mit der Gewissheit, irgendwann einmal im Rollstuhl sitzen zu müssen. Ich hatte mich so in mir zurückgezogen, dass ich kaum noch Kontakt zur Außenwelt hatte. Die einzige mir noch verbundene war meine beste Freundin Laurel. Doch im Gegensatz zu mir war sie kontaktfreudig, aufgeschlossen eben von Natur aus ein lieber Mensch. Wenn sie am Wochenende auf Parties ging hockte ich in einer Wolldecke eingemummelt vor dem Fernseher. Zu meiner Mutter hatte ich keinen Kontakt mehr und mein Vater hatte mich und meine Mutter verlassen als ich 7 Jahre alt war. Jeder Lebensmut war verloren.
So kam es, dass ich das erste Mal in meinem ganzen Leben Weihnachten alleine in meiner kleinen, kahlen Wohnung verbrachte. „Wird sicher ein toller Tag“ dachte ich mürrisch und zappte den ganzen Nachmittag zwischen „Weihnachten auf dem Himalaja“, „Weihnachten - so backen sie gesunde Plätzchen“ und „Anna und der Weihnachtsmann“ hin und her. Irgendwann hatte ich genug von diesem langweiligen Kram und wollte ein wenig schlafen, da ich schon wieder merkte, wie mein Körper lahm und träge von meiner Krankheit wurde. Gerade war ich ein gedöst, da klopfte es an der Wohnungstür. Wer konnte das sein? Vielleicht Herr Huber, der schon wieder kein Mehl mehr hatte? Ich erhob mich langsam mit vor Schmerz pochendem Kopf und tappte zur Tür.
Als ich sie öffnete stand da keineswegs Herr Huber sondern eine alte Frau mit zerlumpter Kleidung. Es war als würde sich in mir alles zusammen ziehen, ich merkte wie der stechende Schmerz von mir wich. „Guten Abend, ich bin Arella Machnik, ich will Sie eigentlich nicht weiter stören, doch muss ich Sie bitten, mir für eine Nacht Unterschlupf zu gewähren, mein Sohn hat mich nach einem heftigen Streit raus geschmissen und ich habe keinen Platz zum schlafen, draußen ist es so schrecklich kalt wissen Sie. Es tut mir Leid, dass ich Sie störe.“ Das waren die Worte der Alten Dame. „Ja natürlich, kommen sie nur herein, das Weihnachtsprogramm im Fernsehen ist sowieso langweilig,“ antwortete ich und bat sie mit einer Geste hinein.
Die Alte Dame hatte einen Umweltbeutel bei sich und da sie nichts mehr sagte, sondern einfach den Inhalt ihres Beutels auf den Fußboden legte wurde mir die ganze Situation schon etwas unheimlich. Was sie aus dem Beutel holte machte mich schon etwas stutzig, denn es war nur ein kleines, blaues Teelicht. Sie holte Streichhölzer aus ihrer Jackentasche und zündete die Kerze an. Sie bat mich zu sich und nahm mich an der Hand: „Das ist unser Zauberlicht, Liebes. Es wird unser Leben verändern.“ Ich hielt die Alte Dame für verrückt, doch ich wagte nicht, ihr zu widersprechen. Sie schloss die Augen und ich machte es ihr nach.
Was danach geschah, kann ich nicht sagen, ich wachte am nächsten Morgen verschwitzt auf meiner Couch auf und überlegte angestrengt, ob ich mir das vielleicht alles nur eingebildet hatte, doch dann sah ich das blaue Teelicht, das einsam auf dem Laminatboden stand. Die Dame war weg. Ich lief zur Tankstelle an der Ecke und kaufte mir eine Zeitung. Als ich sie zu Hause aufschlug blies der Wind durch die undichten Scharniere der Fenster so ungünstig, dass die Zeitung genau bei den Todesanzeigen aufgeschlagen wurde, ich wollte weiterblättern, doch da...der Schock: „Arella Machnik gestorben am 21.Dezember 2007 an Lungenkrebs.“ Ich konnte es kaum glauben. War Arella mein Schutzengel gewesen? Hatte sie ihre Seele in meinen Körper übertragen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass der Arzt mir nach meiner nächsten Untersuchung mitteilte, dass er sich geirrt hatte und ich eine chronische Grippe und kein Multiple Sklerose hatte. Ich weiß, das es keine Grippe war, die mich rettete, es war Arellas Zauberlicht. Arella, mein Schutzengel, sie hat mir mein Leben zurück gegeben.
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Autorin / Autor: superfrancisgirl007 - Stand: 27. November 2008