Das Gefühl von Weihnachten
Weihnachten. Gefühlsduselei? Eine Geschichte von sweetmuffin.
Eine Riesen-Shoppingtour
Weihnachten. Gefühlsduselei. Überall stehen Kinderchöre und trällern wie wunderbar diese Zeit doch ist, alte Frauen verkaufen an jeder Ecke Pätzchen und Glühwein und Weihnachtsmänner mit dicken Bäuchen drücken dir Werbeflyer in die Hand. Nein danke! Es ist doch immer derselbe Mist. Nur die Sonderangebote in den Boutiquen, die sind ganz nett, und auch auf den Adventskalender mit leckerer Vollmilch-Schokolade möchte ich nicht verzichten. Und heute, drei Tage vor dem Fest der Liebe (haha!) habe ich mich mit Tine im größten Kaufhaus der Stadt verabredet. Tine ist meine beste Freundin. Es ist sozusagen eine Tradition von uns, jedes Jahr gegen Ende des Weihnachts-Bla-Blas eine Riesen-Shoppingtour zu veranstalten. Man muss sich doch auch mal was gönnen! Nun stehe ich also zwischen Parfümerie und Juwelier und schaue, ob sich etwas Brauchbares finden lässt. Tine trippelt ungeduldig vom einem Fuß auf den anderen. „Mach schon, Lina!“, meckert sie, „Meine Mum hat mir erzählt, dass bei Gloria’s die Hosen aus der letzten Saison bis um die Hälfte reduziert sind!“ „Jaja..“, erwidere ich, „geh doch schon mal vor. Ich brauche hier noch ein bisschen!“ Ich habe nämlich soeben ein supersüßes Halskettchen entdeckt und nun muss ich überlegen, ob ich wirklich 25 Euro dafür ausgeben will.
Wie etwas, das man verloren hat und nach langer Zeit wiederfindet.
Tine zischt davon und lässt mich mit dieser schwierigen Frage alleine. Na toll, sehr nett! Doch da blendet mich etwas. Ein grelles Licht scheint vom Schaufenster auszugehen. Im ersten Moment denke ich, eine neue Beleuchtung sei vielleicht eingeschaltet worden, doch es ist etwas anderes. In der Spiegelung des Fensters sehe ich ein kleines Mädchen. Barfuß, mit weichem gelockten Haar und einem weißen Kleidchen. In der Hand hält es eine Kerze, von der ein unglaublich warmes Licht ausgeht. Ich drehe mich um. Wirklich, dort steht es! Die anderen Menschen scheinen es nicht zu bemerken, laufen in weihnachtlicher Hektik einfach vorbei. Langsam, Schritt für Schritt nähere ich mich dem Kind. Es bemerkt mich, hebt den Kopf und lächelt mich an. Dann fängt es an zu summen. Ein Gesang wie von einer anderen Welt erklingt. Ich kann meinen Blick nicht von dieser Erscheinung abwenden. Das Mädchen streckt die Hand mit der Kerze aus und drückt sie mir in meine kalten Finger. Wohlige Wärme breitet sich in mir aus und verzückt schaue ich auf die tanzende Flamme. Ich will mich bei dem Kind bedanken, doch als ich den Blick hebe, ist es verschwunden. Nur die zauberhafte Melodie schwebt noch zwischen den Köpfen der anderen Menschen. Und das Gefühl, das mich ergriff, als ich die Kerze zum ersten Mal in meiner Hand spürte, kommt mir irgendiwie bekannt vor. Wie etwas, dass man verloren hat und nach langer Zeit wiederfindet. Das Kettchen, die Hosen und Schaufensterbeleuchtung, alles ist nicht mehr so wichtig, denn ich habe etwas Kostbares zurückbekommen. Das Gefühl von Weihnachten.
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Autorin / Autor: sweetmuffin - Stand: 1. Dezember 2008