Ein Stern auf dieser Erde
Wettbewerbsbeitrag von Loujune, 12 Jahre
Das Spiegelbild der Scheinwerfer des gerade anfahrenden Busses, tanzt fröhlich auf dem nassen Asphalt. Mit einem lauten Quietschen kommt der Bus zum Stehen und die Türen schwingen auf.
Ich will gerade den Bus betreten, da drängt mich ein Junge auf die Seite und quetscht sich durch die Masse, die versucht die letzten Sitzplätze zu ergattern.
Ich gebe es auf, ich bekomme eh keinen Platz mehr, so wie jeden Morgen! denke ich mir und lasse die anderen sich prügelnd in den Bus einsteigen.
Dann muss ich halt wieder stehen. Ich hatte wirklich keine Lust eine Faust ins Auge zu bekommen. Ich steige als letzte ein und setzte mich auf den Boden. „Scheiße!“, fluche ich und ignoriere dabei die zich tausenden Augenpaare, die mich anstarren. Die Stelle am Boden, auf die ich mich gesetzt hatte war feucht gewesen und jetzt drang das kühle Nass in meine Hose ein.
Sowas kann aber auch nur mir passieren, oder? Seit mein Vater vor sieben Jahren gestorben war, lief mein Leben nicht mehr ganz so großartig. Es fing schon in der Grundschule an, als ich von einem meiner Mitschüler gewürgt wurde. Jetzt in der weiterführenden Schule ist es nicht besser.
Seit Ende der fünften Klasse werde ich gemobbt. Sobald ich das Klassenzimmer betrete, wird aus mir ein eingeschüchtertes Mädchen. Aber auch zuhause werde ich immer trauriger und lasse nur noch den Kopf hängen. Schnell versuche ich meine Hose mit einem Taschentuch abzuwischen, aber die Stelle fühlt sich trotzdem kalt und nass an. Der Bus hält an und die Masse strömt heraus als würde die Welt gleich untergehen. Ich verlasse den Bus mal wieder als letzte. Kühle Regentropfen kitzeln meine Haut. Natürlich habe ich gerade heute meinen Regenschirm vergessen und an all den Tagen zuvor hatte ich ihn mitgeschleppt, obwohl an ihnen das schönste Wetter nach langem mal wieder war. Ich sage ja, ich bin ein richtiger Pech-Magnet.
Ich betrete den Klassenraum. Alle schauen mich an. Alle. Sofort fährt mein Gehirn Achterbahn. Habe ich eine blöde Jacke an? Gefallen ihnen meine Schuhe nicht? Was ist mit meinen Haaren? An denen muss es liegen! Nein! Sie schauen mich anders an! Anders als sonst? Wo bleibt der Mülleimer, den sie mir jeden Tag über den Kopf ziehen? Wo bleibt das gegen den Tisch schubsen, was sie jeden Tag machen? Wo bleiben die Sprüche, die sie mir jeden Tag an den Kopf werfen? Nichts. Sie starren mich einfach nur an. Mein Blick wandert durch die Klasse und bleibt bei einem großen Stück Papier hängen, das an der Wand befestigt ist. Auf dem Zettel steht in dicker Schrift „AG-Plan“. Ich renne durch die Klasse zu dem Plan und da steht er, inmitten der Lehrernamen und ihrer AGs steht mein Name und meine AG. Caroline, 7d, Umwelt AG.
Ich hatte es geschafft, meine eigene AG zu gründen! Ich hatte das geschafft, was ich mit meiner Klasse anfangs machen wollte, wofür sie mich aber auslachten und mobbten. Jetzt weiß ich, dass ich ein genauso strahlender Stern bin, wie alle anderen. Dass ich so besonders bin, wie jeder Mensch auf dieser Welt. Das ich keinen Grund habe mich klein zu machen und dass ich vielleicht gar nicht so viel Pech in meinem Leben habe (abgesehen von den Gläsern die ich fast jeden Tag verschütte). Mit diesem Tag hörte das Mobbing auf, ich ging selbstbewusster zur Schule und ich lasse mich nicht mehr so leicht unterkriegen. Ich möchte allen Mobbing-Opfern mitgeben, das sie NIE wirklich NIE daran Schuld sind gemobbt zu werden und dass sie selbstbewusst auftreten sollten, auch wenn es schwer ist, aber ich glaube an euch und ihr könnt das schaffen! Denkt immer daran, ihr seid auch ein Stern auf dieser Erde!
Danke Mama und danke Heidi, dass ihr immer für mich da seid.
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Am 27. November 2022 fand die Lesung zum Schreibwettbewerb VERWANDELBAR statt, bei der fünf der Gewinner:innen ihre wunderbaren Texte präsentierten. Moderiert wurde die Lesung durch den Autor Manfred Theisen, der auch Mitglied der Jury war.