Es war Samstagnachmittag und im Boxstadion tobte die Menge. Heute war der große Kampf zwischen einem Neuling und einem Champion. Da der Neuling so schnell aufgestiegen war, war es einmalig, dass er jetzt schon gegen einen Champion antrat. Nicht nur wegen des Größenunterschiedes, da der Champion ein Koloss von 2,15 m war und einem Bodybuilder glich, hingegen der Neuling 1,79 m und dazu fast spindeldürr, sondern auch weil der Neuling David hieß, wurde dieser Kampf auch wunderbar David gegen Goliath genannt. Allerdings verlief der Kampf nicht so gut für David, da dieser von besagtem „Goliath“ einen Schlag auf den Hinterkopf bekam, hinfiel und dadurch KO ging.
Ich öffnete langsam die Augen, die Sicht war verschwommen und der Kopf brummte. Ich sah mich um. Über mir war ein grelles, weiß scheinendes Licht. Ich lag auf kalten, weißen Fliesen. Mein Körper war leicht bläulich und eiskalt. Ich schaffte es, mich aufzuraffen. Mein Schädel brummte immer noch, als hätte mir jemand auf den Hinterkopf geschlagen.
Von einem Klemmbrett an der Wand konnte ich entnehmen, dass ich David hieß, 1,79 m groß war und anscheinend bei einem Boxkampf gegen jemanden angetreten war, gegen den ich absolut keine Chance (gehabt) hatte. Vermutlich brummte mir deshalb der Schädel. Die größte Frage, die ich in diesem Moment hatte, war: Wo bin ich?
Das Blatt, auf dem diese wenigen Informationen standen, sah eher aus wie eine Krankenhausakte als ein normales Blatt. Vielleicht bin ich ja in einem Krankenhaus, dachte ich, wobei die große Stahltür und der absolut leere Raum, bis auf mich und dem Klemmbrett, mich eher denken ließen, dass ich hier in einem Gefängnis oder einer Laborzelle war. Da ich irgendwie nicht wusste, was ich nun tun sollte, wartete ich also.
Es mussten wohl einige Stunden vergangen sein, als plötzlich unter mir der Boden anfing zu beben. Die nackten Wände zitterten. Über mir sah ich nun nicht mehr in ein weißes Licht, sondern in eine rote Alarmlampe. Im nächsten Moment ging eine schrille Sirene an. Aber warum nur? Ich sah an mir herab. Mein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub. Ich muss wohl Angst haben, dachte ich, wobei ich keinen blassen Schimmer hatte, wovor. Ich rannte zu der Tür. Voller Verzweiflung begann ich, dagegen zu klopfen und um Hilfe zu rufen. Doch nichts geschah. Meine Verzweiflung stieg an, bis ich panisch hin und her schaute. In meinem Kopf ratterte es, was ich bloß tun sollte. Da kam mir die banale Idee, die schwere, große Stahltür an der Türklinke aufzumachen. Tatsächlich ließ sie sich öffnen. Ich kam in einen langen Gang, in dem das rote Licht weiterhin versuchte, auf sich aufmerksam zu machen. Der Boden und die Wände waren komplett aus Stahl, wobei es kein Fenster gab. Der ganze Stahlgang bebte und rüttelte. Ich rannte so schnell es mein immer noch zitternder Körper zuließ. Als ich an das Ende des Ganges kam, hing an der Stahlwand eine Gebäudekarte, von der ich auf meinen Standort schließen konnte. Oben in der rechten Ecke der Karte stand geschrieben: "Sportlabor in Peru". Demnach war ich irgendwo in Peru in einem Labor. Vermutlich um meine Leistung als Sportler zu verbessern und meinen Körper zu optimieren. Ich studierte in Sekunden die Karte, rannte los und erreichte in Kürze den Ausgang.
Ich befand mich in einem Starkregen und war direkt pitschnass. Ich flüchtete in einen nahegelegenen Wald, um mich sowohl vor dem Regen etwas zu schützen als auch vor den möglichen Einsturzgefahren des Labors.
Nach einer kleinen Pause lief ich einen schmalen Pfad entlang und begegnete einer Frau. Ich bat sie um Hilfe und fragte nach einem Dorf. Sie zeigte in eine Richtung und meinte, ich solle einfach dem Weg folgen, dann würde ich am Meer ankommen, wo an der Küste ein Dorf sei.
Das Dorf war ein kleines Hafendorf, in dem Fischer manchmal mit ihren Booten rausfuhren, wie mir ein alter Mann im Dorf berichtete. Ich ging zu den Anlegestellen, fand dort einen Fischer vor, der mir erklärte, dass er bei Tagesanbruch zur nächsten größeren Stadt fahren würde und mich mitnähme, wenn ich ihm an Deck helfe. Dies geschah so, wobei ich mittags sogar ein Fischbrötchen bekam. Gestärkt und voller Tatendrang kamen wir am Nachmittag in einer Hafen- und Handelsstadt an. Ich verabschiedete mich und suchte dort nach einem Schiff, das in die USA fuhr.
Nach ein paar Stunden fand ich einen Kreuzer, der von dieser großen Hafenstadt am nächsten Morgen nach Florida abfuhr. Ich hatte ein langes Gespräch mit einem Besatzungsmitglied, in dem ich ihm meine missliche Lage erklärte und ihn bat, ob er mich mitnehmen könnte und dass ich mich an Bord natürlich nützlich machen würde. Er erklärte mir, dass es nicht in seiner Verantwortung liege, dies zu entscheiden. Stattdessen führte er mich zum Kapitän des Schiffes und erklärte ihm alles. Dieser war damit einverstanden und so ging die Reise am nächsten Tag los. Nach ein paar Tagen voll harter Arbeit kamen wir endlich in Florida an. Ich bedankte mich herzlich bei der Besatzung und vor allem bei dem Kapitän dafür, dass er mich mitgenommen hat.
Ich suchte in Florida einen guten Freund auf und erzählte ihm mein Abenteuer. Das Beste war, was mein Kumpel daraufhin sagte: "David, das Schönste ist doch, dass du jetzt nicht nur ein Boxer, sondern auch ein Helfer, Abenteurer, Hilfloser und Seemann bist".
Dazu bin ich dadurch noch mutiger geworden. Heute erzähle ich meine Geschichte überall und bin inzwischen ein Autor. Faszinierend, wie verwandelbar wir Menschen sind.