Respekt ist unheimlich anstrengend
Respekt kann man tatsächlich erforschen. Wer das macht, und wie man's macht, erzählt euch der Mitbegründer der RespectResearchGroup.
"Fünf Studenten taten sich im Sommer 2003 zusammen, weil sie einfach anders als bisher forschen wollten. Sie wollten leidenschaftlich bei der Sache sein, und sie wollten einen Sinn erleben, in dem was sie machen." Niels van Quaquebeke, der Mitbegründer der RespectResearchGroup erzählt LizzyNet die Entstehungsgeschichte der RespectResearchGroup, einer universitären Forschungsgruppe, die sich mit dem ungewöhnlichen Thema "Respekt" beschäftigt. "Dass das Thema Respekt uns alle bewegt, war uns schnell klar. Nach und nach fingen wir dann an, Räume zu beziehen, Seminare zu geben, Studien durchzuführen und so weiter. Heute besteht die Gruppe so aus 12 Leuten. Ein paar von uns sind in die Wirtschaft gegangen, andere blieben in der Forschung. Trotzdem versuchen alle, den Geist dieser ersten Stunden auch mit den Nachrückern aufrecht zu erhalten."
*Was genau macht denn die RespectResearchGroup?*
Wir wollen verstehen, was Respekt ist, wie es zu Respekt kommt und was die Konsequenzen von Respekt sind. Dann wollen wir der Welt von unseren Erkenntnissen berichten. Und letztendlich wollen wir der Welt helfen, unsere Erkenntnisse in die konkrete Praxis umzusetzen.
*Und wer sind die Leute, die da mitmachen?*
Wir sind recht bunt gemischt. Natürlich sind bei uns die PsychologInnen schon aufgrund der Thematik überrepräsentiert, aber bei uns arbeiten auch BWLer, Politologen, Amerikanistik Studenten, Pädagogen und eher soziologisch orientierte Psychologen. Ich selbst bin Psychologe mit Schwerpunkt Wirtschaftspsychologie und Sozialpsychologie.
*Wie untersucht man denn "Respekt"? Ist doch schon ziemlich abstrakt...*
Stimmt, deswegen wollten wir an das Thema ja ran. Jeder fordert Respekt, viele schmeißen mit der Floskel um sich, aber was es genau ist, scheint den Meisten nicht klar zu sein. Viele sprechen schon von Respekt, wenn sie eigentlich nur Toleranz meinen. Oder andersherum, andere propagieren Toleranz, wenn Sie eigentlich Respekt fordern sollten. Um mal einen Keil in diese Abstraktheit zu schlagen: Grundsätzlich sollte man zwischen zwei Arten des Respekts unterscheiden. Ein vertikaler Respekt und ein horizontaler.
*Und was ist denn vertikaler Respekt?*
Der vertikale Respekt (im Englischen "appraisal respect" genannt) wird einem gezollt, man kann ihn sich verdienen oder aber auch verlieren und geht er geht normalerweise damit einher, dass andere diese Peron zumindest als eine Art Führungsfigur in ihrem Bereich sehen. Wenn ich also sage, dass ich Respekt vor Jürgen Löw (Trainer der Fußballnationalmannschaft) habe, dann hat er sich diesen Respekt über seine Taten im Bereich Fußball verdient. Das heißt auch, dass ich ihm zumindest im Bereich Fußball zugestehen würde, mich anzuleiten und zu führen.
*Und der "horizontale?"*
Ganz anders ist der horizontale Respekt der im Englischen "recognition respect" genannt wird. Dieser behandelt eher den respektvollen Umgang miteinander. Man kann ihn sich nicht verdienen, sondern ich selbst entscheide mich, ob ich Menschen generell respektvoll behandeln will oder nicht. Da gibt es kein Wenn und Aber. Deshalb sagt man auch, dass diese Art des Respekts kategorisch ist.
*Gibt es noch mehr Arten von Respekt?*
Beide Arten des Respekts haben wenig miteinander zu tun. Sie sind schon von ihrer Grundausrichtung eher verschieden. Und trotzdem werden sie von Vielen verwechselt. Dazu kommen noch unzählige andere Arten des Respekts, die eigentlich etwas ganz anderes sind. Wenn ich sage, dass ich Respekt vor Wasser habe, dann heißt das meist, dass ich Angst vorm Wasser habe. Oder wenn ich sage, dass ich Richter und Polizisten respektiere, heißt das eigentlich nur, dass ich mir über ihre gesellschaftliche Funktion bewusst bin und sie daher achte (auch wenn ich nicht immer mit ihren Taten übereinstimme).
*Und was macht ihr dann, wenn ihr die Definitionen gefunden habt?*
Wenn man denn dann angefangen hat, den Respektsbegriff erst einmal so auseinander zu nehmen, dann kann man weitermachen, denn dann weiß man, wonach man suchen muss. Ich kann bspw. Schüler fragen, warum sie einen bestimmten Lehrer respektieren und einen anderen nicht. Ich erfahre somit Ursachen für den vertikalen Respekt. Und so geht es dann immer weiter. Bis uns irgendwann die Fragen ausgehen. Aber davon gibt es derzeit noch so viele im Bereich Respekt.
*Gibt es heute eigentlich noch eine allgemeingültige Definition von "Respekt?"*
Nein, aber es gibt Beschreibungen einzelner Phänomene, wie oben bereits angedeutet. Als kleinsten gemeinsamen Nenner, kann man wohl sagen, dass Respekt eine Einstellung gegenüber einem Objekt oder einer Person ist.
*Gibt es Menschen, die "von Natur aus" respektiert werden?*
Von Natur aus respektiert wird wohl niemand. Aber man kann es sich verdienen. Wie man es sich verdienen kann, hängt dabei ganz vom Kontext ab. Beim Fußballspielen werde ich für andere Sachen respektiert als in der Theatergruppe oder im Schachclub. Auch darf man Respekt nicht mit Angst verwechseln. Ein Typ der andere auf dem Schulhof verkloppt, wird vielleicht respektiert, aber in Wahrheit haben die anderen Angst vor ihm.
*Kann man Respekt lernen?*
Diese Frage bezieht sich wohl auf den horizontalen Respekt. Also können wir lernen, respektvoll miteinander umzugehen? Meine Hoffnung ist hier, dass wir das können. Aber es ist wohl kein Lernen, wie wir das von der Schule kennen. Es kann uns niemand von außen sagen, wie wir andere zu respektieren haben. Dann würde respektvoller Umgang zu bloßem höflichen Umgang verkommen. Sicherlich ist Höflichkeit nicht schlecht, aber damit sich jemand anderes von uns respektiert fühlt, muss dieser das Gefühl haben, dass man ihn/sie auch wahrnimmt. Also seine/ihre Gedanken ernst nimmt und selbst darüber nachdenkt. So eine Einstellung gegenüber anderen kann man zwar im Ansatz vermittelt bekommen, aber man selbst muss es auch tief im Inneren selbst einsehen.
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Autorin / Autor: Rosi Stolz/ Niels van Quaquebeke