Mina ist ein bisschen anders als normale Kinder in ihrem Alter. Und dieses Buch ist ihr Tagebuch. Das Mädchen zeigt uns ihre Welt, die Grenzen sind vielleicht woanders als in unseren Kindheiten.
Wahrscheinlich sollte ich jetzt den Inhalt zusammenfassen, aber das Buch trägt den Namen eines Mädchens - steht folglich für sie- und es ist ein Tagebuch. Tagebücher sind wie Mosaiksteine des Lebens, glaube ich (darüber hätte ich mich übrigens gerne mit Mina unterhalten). Ich finde es nicht richtig, das Wichtigste eines Lebens zusammenzufassen.
Ich werde stattdessen versuchen euch Mina vorzustellen. Man kann sie nicht einfach in eine Schublade stecken. Mina hat versucht das zu sein, "was man gemeinhin als braves Mädchen bezeichnet", aber das funktioniert nicht. Manche sagen, dass sie verrückt ist, sie fühlt sich als schwarzes Schaf.
Ich denke, die meisten Menschen können sich gut mit Mina identifizieren. Vielleicht, weil jeder irgendwie denkt, dass sie/er etwas Besonderes ist. Aber das stimmt doch auch. Kein Mensch ist wie der andere. Und das, wo es doch so viele Menschen gibt. "Heutzutage leben mehr Menschen auf der Welt, als jemals Menschen in der gesamten Geschichte der Menschheit gelebt haben!" Das schlagen Minna und ihre Mutter in einer Enzyklopädie nach.
Sie mag Vögel, denkt viel über sie nach. Mina denkt überhaupt viel und vieles schreibt sie auch auf. Sie hat mehr Zeit für so etwas als wir. Mina muss seit dem einen Tag der Prüfung, nicht mehr zur Schule gehen, sondern ihre Mutter unterrichtet sie zu Hause.
Im Garten steht ein Baum, in dem ein Amselpaar ein Nest gebaut hat. Es ist auch Minas Baum, sie verbringt viel Zeit dort, schreibend, denkend, Mina-seiend. Wortspiele sind erlaubt. Mina mag Wortspiele, Neologismen. Vielleicht kennt sie dieses Wort nicht, so alt ist Mina noch nicht, obwohl sie alt wirkt. Aber die Älteren sind meistens überrascht, was schon kleine Kinder denken können.
Manchmal fühlt sie sich verloren, hat auch Angst vorm Erwachsenwerden. Sie schreibt keinen Bericht, sie schreibt so, wie sie ist.
Ein paar Wörter, Gedankenrichtungen, die immer wieder in Minas Tagebuch auftauchen: Eulen, schwarzer Kater, Nonsens, ihr Vater, Staub, Tod, Geschichte ohne Worte: leere Seite in Wirklichkeit gar nicht leer, das Nachbarhaus und die Veränderungen, die vielleicht auch Minas Leben erreichen werden
"Mina" ist ein Buch mit völlig neuen Grenzen, der Leser wird direkt angesprochen und auch erreicht. Es lohnt sich in jedem Fall, dieses Buch zu lesen- nicht nur, wenn man schon ein Kopfmensch ist.
David Almond erzählt keine spannende Abenteuergeschichte, sondern zeigt uns in aller Einfachheit Minas Leben. Bevor ich angefangen habe in die Geschichte einzutauchen, habe ich mich gefragt, ob das alles nicht ein bisschen übertrieben ist. Die Geschichte eines einsamen Mädchens, das von niemandem richtig verstanden wird usw. Aber Mina hat mich überrascht.
Ein gutes Buch, um mal seinen Blickwinkel ein wenig zu verändern. Und wieder ein Buch, dass ich noch unzählige von Malen wieder lesen werde. Und ich bin davon überzeugt, dass ich dann noch immer Neues entdecken werde.
*Erschienen im Ravensburger Verlag*
Autorin / Autor: islenski.hesturinn - Stand: 6. Januar 2011