Rechte im Netz
Schon wieder hat sich die Zahl rechtsradikaler Internetseiten drastisch erhöht.
Nazis im Netz - was tun?
Laut Verfassungsschutzbericht sind die Seiten bundesweit von 800 im letzten Jahr auf 1300 in diesem Jahr angestiegen. Zum Vergleich: 1999 waren es noch 330, das heißt, seither hat sich die Zahl der "braunen Links" vervierfacht. Dabei werden die Seiten immer professioneller gestaltet: aufwändige 3-D-Animationen, Intros, Online-Radios und -Videos, Computerspiele, Gästebücher oder Chat-Rooms gehören mittlerweile zur Standardausstattung. Einige bieten inzwischen sogar Internet-Fernsehen an oder beteiligen sich an Online-Spielen, die als Clans bezeichnet werden. Auf Musikbörsen werden Nazi-Lieder im MP3-Format angeboten, die nach deutschem Recht verboten sind. So zum Beispiel die CD der anonymen Band "Zillertaler Türkenjäger".
Rassismus in High-Tech-Verpackung
Das Angebot und die Aufmachung der Sites soll vor allem Jugendliche ansprechen. "Im Internet hat der Rechtsextremismus sein Erscheinungsbild verändert: Rückwärtsgewandtes, rassistisches Denken tritt in einer High-Tech-Verpackung auf und ist oft nicht mehr auf Anhieb erkennbar", sagt Innenminister Dr. Fritz Behrens. Das würde besonders Jugendliche gefährden. Nach dem Vorbild ihrer "Brüder" und "Schwestern" in den USA haben sich auch deutsche Rechtsextremisten beruflich auf den Weg in die Computerbranche gemacht. Ein bekannter Rechtsextremist arbeitet z. B. als Internet-Dienstleister auch für Unternehmen, die Musik und Kleidung für die rechtsextremistische Skinhead-Szene verkaufen. Dieser Online-Handel mit Propaganda-Artikeln stärkt die rechte Szene finanziell ungemein.
Bessere Vernetzung - schnellere Verbreitung
Jede Site baut natürlich durch ihre Linklisten auch wieder viele neue Wege zu anderen Sites mit ähnlichen Inhalten auf. Dadurch wächst das Netzwerk der Szene täglich und es ist viel leichter geworden, Leute zu Veranstaltungen und Demos der Rechten zu mobilisieren. Durch die Anonymität und die "Lieferung frei Haus" werden jetzt auch Menschen erreicht, an die bisher kein Flugblatt herankam; unbeobachtet können sie sich nun in Ruhe mit dem Nazi-Gedankengut beschäftigen.
Praktisch am Internet ist für die Rechtsradikalen auch, dass sie der deutschen Strafverfolgung aus dem Weg gehen können, weil sie Provider (Online-Dienste) anderer Länder benutzen, in denen Bombenbauanleitungen oder Morddrohungen als freie Meinungsäußerung straflos sind. Kommerzielle deutsche Provider haben zwar schon öfter Homepages mit rechtsextremistischen Inhalten gesperrt, aber die Folge war, dass rechte Parteien sich dann selbständig gemacht haben - so z.B. die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Wegen der Inhalte kann man sie oft auch nicht belangen, weil sie die oft so ausgefeilt formulieren, dass man die rechtsextremen Ziele zwar klar erkennen kann, aber keine Straftaten vorliegen.
Hier geht´s weiter
Autorin / Autor:
Rosi Stolz - Stand: 25. April 2002