Ich liebte unseren Planeten. Er war perfekt. Tage waren gefüllt mit Treffen von Freunden und Familie, Arbeit, die Spaß machte und Hobbys. Ich liebte mein Leben. Wir alle genossen unsere Existenz und unseren Frieden.
Ich lief gerade durch einen Park, der mit Pflanzen in knalligen Farben direkt gute Laune verbreitete, als ich den einen Ton hörte, den ich niemals hatte hören wollen.
Der schrille Ton erfüllte die Straßen. Das Warnzeichen.
Sofort rannte ich zur Abflugstelle, wo bereits die ersten Raumschiffe ablegten. Während ich in der Schlange stand, die sich gebildet hatte, um in eines der Raumschiffe zu gelangen, fragte ich, was passiert war.
„Ein unbekanntes Flugobjekt schießt mit immer schneller werdender Geschwindigkeit auf uns zu. Er trifft voraussichtlich in einer Stunde ein und wird unseren Planeten vollends zerstören“, teilte mir einer der Mitarbeiter mit, die die Evakuierung beaufsichtigten.
Ich blendete das Chaos um mich herum aus, um ihm antworten zu können: „Wissen wir, woher er kommt? Oder ob er gezielt auf uns gerichtet ist?“
„Nein, Näheres wissen wir nicht. Das wichtigste ist, die Bevölkerung auf verschiedene andere Planeten zu verteilen“, erklärte der Mitarbeiter ruhig, während er mich einem der Raumschiffe, das bereits zum Abflug bereit war, zuteilte.
Niemanden schien diese ganze Situation sonderlich mitzunehmen, schließlich waren wir glücklich und wir würden glücklich bleiben, auch wenn wir auf einen anderen Planeten wechseln mussten.
Sobald ich im Raumschiff saß, leerte ich meinen Kopf und fiel in tiefen Schlaf.
Als ich aufwachte war das Schiff bereits gelandet. Die ersten stiegen bereits aus. Von draußen hörte ich die ersten Eindrücke: „Es ist so düster“, stellte jemand fest, zustimmendes Gemurmel von weiteren.
Ich ging ebenfalls zum Ausgang. Sobald ich den ersten Schritt auf den neuen Planeten gesetzt hatte wusste ich, was die anderen meinten. Wenig Natur, farblose Gebäude, Luftverschmutzung, die man förmlich sah, und niemand kümmerte sich um den anderen. Die Bewohner des Planeten liefen stumm aneinander vorbei und waren alle mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt.
Es brauchte zwei Tage, bis ich so viel über den Planeten und seine Bewohner gelernt hatte, dass ich mich problemlos zurechtfand. Zwei Tage, in denen sich mein Sein völlig veränderte. Am Anfang schleichend: Ich hatte voller Trauer an unseren zerstörten Planeten gedacht. Dann waren immer mehr Ängste und Gefühle wie Wut und Verzweiflung dazu gekommen. Immer mehr Eindrücke, die mich von innen heraus auffraßen.
Dazu kamen Erfahrungen, die mich zusätzlich beschäftigten: Wir waren abends unterwegs gewesen. Eine Gruppe von vielleicht sieben Leuten. Als zwei von uns, Kilian und Adam, Händchen haltend durch die Straßen gelaufen waren, war eine Gruppe Männer auf uns zugelaufen und hatte angefangen, sie zu beleidigen. Wir hatten versucht, sie zu beruhigen, doch sie waren immer aggressiver geworden und hatten es geschafft, die beiden von der Gruppe zu trennen. Wir hatten dabei zusehen müssen, wie die Beiden aufs übelste verprügelt wurden.
Immer mehr hatte ich zudem mitbekommen, wie andere Frauen und Mädchen abends und nachts immer wieder verfolgt worden waren und sich nun nicht mehr alleine raus trauten. Das steigerte meine Angst. Warum musste ich aufpassen, wenn ich ganz normal die Straße entlangging? Das sollte nicht gefährlich sein.
Zudem hörte ich Nachrichten über Korruption, Machtmissbrauch und Kriege. Ich verstand nicht, wieso diese Spezies so etwas machte. Es machte nicht glücklich und so viele litten.
Von der sonst allgegenwärtigen Zufriedenheit, die mich auf unserem Planeten erfüllt hatte, war nur teilweise etwas übrig geblieben.
Ich hatte Angst. Ich hatte Angst, so zu werden wie die anderen hier. Je mehr ich mich an das Leben hier anpasste, desto mehr Sorgen machte ich mir über alles. Ich wünschte mir mein altes, glückliches Leben zurück, wo ich alles in vollen Zügen genossen hatte. Ich wollte diese Leichtigkeit wieder haben.
Als alles zu viel wurde und ich das Gefühl hatte, wahnsinnig zu werden, beschloss ich zu fliehen. Raus aus der Stadt, irgendwohin, wo es ruhig war. Zusammen mit ein paar Freunden fuhren wir in einen riesigen Wald. Die Stille dort kam mir allumfassend vor. Das Grün der Bäume, die bunten Blumen und der blaue Himmel erinnerten mich an zuhause. Überall tummelte sich Leben, doch alles strahlte etwas Positives aus. Langsam beruhigte sich meine Gedankenkarussell, und ich fokussierte mich auf das hier und jetzt. Die Natur heilte mich. Die Beständigkeit und Kraft half mir, einen Ausgleich zum Geschehen in der Stadt zu finden. Ohne die Natur wäre Leben auf diesem Planeten nicht möglich. Und doch verdrängten die Menschen die Zerstörung ihrer Welt.